Die Rechtsprechung scheint in letzter Zeit geneigt zu sein, dem Sanktionssystem der Datenschutz-Grundverordnung keinen abschließenden Charakter zuzusprechen. Datenschutzverstöße könnten dadurch der wettbewerbsrechtlichen Abmahnfähigkeit unterliegen. Oder ist die Lage doch nicht so eindeutig?
Der Inhalt im Überblick
Gerichte entscheiden für Abmahner
Nachdem schon das LG Würzburg und andere Landgerichte Stellung bezogen haben, hat als erstes Oberlandesgericht nun das OLG Hamburg entschieden, dass es sich bei den Regelungen der DSGVO um marktverhaltensregelnde Normen handeln kann. Somit können auch Verstöße aus wettbewerbsrechtlicher Sicht abmahnfähig sein. Das ist im Lichte all der anderen verbraucherschützenden Regelungen, die als Zugpferd für Abmahnungen durch Mitbewerber herhalten müssen zwar konsequent und auch folgerichtig. Aber bedauerlich.
Nur marktverhaltensregelnde Normen abmahnfähig
Welche Verstöße gegen die DSGVO jetzt aber auch wirklich abmahnfähig sind, wurde durch das Oberlandesgericht bemerkenswerter Weise dennoch nicht entschieden. Im konkreten Fall kam das Gericht sogar zu dem Schluss, dass die Regelungen gegen die das abgemahnte Unternehmen verstoßen hatte, gerade keine marktverhaltensregelnde Normen sind und der Klägerin damit auch kein Unterlassungsanspruch als Voraussetzung für eine Abmahnung zustünde. Die Klage wurde abgewiesen.
Regelungen über Gesundheitsdaten nicht marktverhaltensregelnd
Die Klägerin hatte die Beklagte abgemahnt, da sich diese für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten keine Einwilligung der Betroffenen, eingeholt hatte. Das Gericht kam aber zu dem Schluss, dass gerade die Regelungen, die Gesundheitsdaten betreffen, keine marktverhaltensregelnden Normen sind und Verstöße hiergegen auch nicht durch Wettbewerber abgemahnt werden können. Zwar handelte es sich hierbei um Regelungen aus dem alten BDSG, gleiches dürfte aber für die Regelungen zu Gesundheitsdaten aus der DSGVO gelten.
Unsicherheit, auch beim OLG Hamburg
Wann darf jetzt also abgemahnt werden?
Da sind sich eigentlich alle Beteiligten nach wie vor unsicher. Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen unter anderem mit der Begründung, dass die Frage nach der generellen oder nur partiellen Einordnung datenschutzrechtlicher Bestimmungen als marktverhaltensregelnde Normen eben noch nicht höchstrichterlich geklärt sei.
Wenn es nach dem OLG geht soll die Frage nach der Abmahnfähigkeit wohl anhand der konkreten Datennutzung entschieden werden:
„….Denn die Verfolgung jener – auch marktbezogenen – Ziele setzt voraus, dass die jeweils betroffenen personenbezogenen Daten im konkreten Zusammenhang – wie etwa im Rahmen der Datennutzung zum Zwecke der Werbung – jedenfalls auch aus Gründen der Betätigung der jeweiligen Personen bzw. Unternehmen am Markt, also für die wettbewerbsrelevante Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten, erhoben und verarbeitet werden.“
Marktteilnehmer oder Träger von Persönlichkeitsrechten?
Es komm laut dem Oberlandesgericht auch darauf an, ob die betroffenen Personen in Ihrer Eigenschaft als Verbraucher und Marktteilnehmer angesprochen werden oder in Ihrer Eigenschaft als Patient und Träger von Persönlichkeitsrechten.
Das klingt einleuchtend. Einfacher wird die Einteilung dadurch leider trotzdem nicht. Durch das Urteil werden Rechtsunsicherheiten für Unternehmen leider nicht beseitigt. Für Abmahner und deren Anwälte zum Glück aber auch nicht.