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„Pay or Okay“: Abo-Modelle im Fokus

„Pay or Okay“: Abo-Modelle im Fokus

Während nach der partiellen Einführung von Facebook und Instagram Abos zunächst alle Aufmerksamkeit speziell diesen Abos zu gelten schien, sind nunmehr Abo-Modelle im Allgemeinen im Fokus. Wir geben einen Überblick über die diesbezüglichen Entwicklungen.

Partielle Einführung von Facebook und Instagram Abos

Seit November 2023 bietet die Meta Platforms, Inc. (Meta) Nutzern im Geltungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zwei alternative Optionen zur Nutzung von Facebook und/oder Instagram an:

  1. Kostenpflichtiges Abonnement (in Metas Worten: „Subscription for no ads“)
    Hier erfolgt die Nutzung Facebooks und/oder Instagrams auf Basis eines kostenpflichtigen Abonnements, ohne die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des jeweiligen Nutzers zum Zwecke des Ausspielens von personalisierter Werbung.
  2. Kostenlose Nutzung
    Hier erfolgt die Nutzung des jeweiligen Dienstes kostenlos, dafür jedoch inklusive der einwilligungsbasierten vorbeschriebenen Datenverarbeitung.

Entsprechendes kündigte Meta bereits vorab in einem Onlinebeitrag vom 30. Oktober 2023, welcher am 04. Dezember geupdated wurde, an. Meta führte hiermit ein Konstrukt ein, welches insbesondere unter der Bezeichnung Abo-Modell bekannt ist.

Datenschutzbeschwerde gegen Metas neues Abo-Modell

Engagement (auch) in dieser Sache bewies zunächst NOYB – Europäisches Zentrum für digitale Rechte (NOYB), dessen Initiator Max Schrems mittlerweile wohl nicht nur innerhalb der Datenschutzrechtsbubble bekannt sein dürfte. Bereits am 28. November 2023 reichte der Verein eine Beschwerde gegen Metas neues Abo-Modell bei der österreichischen Datenschutzaufsichtsbehörde ein.

Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses zu Abo-Modellen initiiert

Während sich NOYB also bereits kurz nach dem Start des neuen Meta Abo-Modells speziell gegen dieses positionierte, gaben die Datenschutzaufsichtsbehörden Hamburgs (Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI)), Norwegens (Datatilsynet) und der Niederlande (Autoriteit Persoonsgegevens) – ohne direkte Bezugnahme konkret auf Metas neues Abo-Modell – Ende Januar 2024 bekannt, dass sie, in Ermangelung einer diesbezüglichen europaweit einheitlichen Auffassung, gemeinsam eine Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Abo-Modellen nach Art. 64 Abs. 2 DSGVO initiiert hätten (Pressemitteilungen: HmbBfDI, Datatilsynet, Autoriteit Persoonsgegevens).

In Art. 64 Abs. 2 DSGVO heißt es:

„Jede Aufsichtsbehörde, der Vorsitz des Ausschuss oder die Kommission können beantragen, dass eine Angelegenheit mit allgemeiner Geltung oder mit Auswirkungen in mehr als einem Mitgliedstaat vom Ausschuss geprüft wird, um eine Stellungnahme zu erhalten, insbesondere wenn eine zuständige Aufsichtsbehörde den Verpflichtungen zur Amtshilfe gemäß Artikel 61 oder zu gemeinsamen Maßnahmen gemäß Artikel 62 nicht nachkommt.“

Während sich der HmbBfDI innerhalb seiner Pressemitteilung mit Blick auf den Umfang der nun ausstehenden Stellungnahme ausschließlich auf Abo-Modelle großer bzw. großer europaweit tätiger Online-Plattformen bezieht, „sprechen“ die Datatilsynet sowie die Autoriteit Persoonsgegevens mitunter auch allgemeiner von der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Abo-Modellen. Letztlich unklar bleibt daher vorerst, welchen genauen Umfang die Stellungnahme des EDSA haben wird.

Gemäß Art. 64 Abs. 3 S. 1 DSGVO hat der EDSA grundsätzlich acht Wochen Zeit die Stellungnahme abzugeben. Gem. Art. 64 Abs. 3 S. 3 DSGVO kann diese Frist jedoch „(…) unter Berücksichtigung der Komplexität der Angelegenheit (…)“ auf insgesamt maximal vierzehn Wochen verlängert werden. Eine Stellungnahme wird demnach – gemessen an dem jeweiligen Zeitpunkt der Pressemitteilungen deren Initiatoren (Datatilsynet und Autoriteit Persoonsgegevens: 26. Januar 2024; HmbBfDI: 29. Januar 2024) – spätestens am 03. oder 06. Mai 2024 vorliegen.

Die zulässige Höhe von Abokosten – ein möglicher Schwerpunkt der Stellungnahme

Einen Schwerpunkt der nun ausstehenden Stellungnahme des EDSA dürfte die Beantwortung der Frage nach der zulässigen Höhe des monatlich für ein Abo zu entrichtenden Betrages vor dem Hintergrund der Einwilligungswirksamkeitsvoraussetzung der Freiwilligkeit bilden; die Datatilsynet sowie die Autoriteit Persoonsgegevens heben den finanziellen Aspekt in ihren Pressemitteilungen besonders hervor. In der Vergangenheit positionierte sich zwar sowohl

  • auf deutscher Ebene
    die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz (DSK)) qua Beschluss vom 22. März 2023 als auch
  • auf europäischer Ebene
    der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) innerhalb seines Urteils in der Rechtssache C-252/21 (Rn. 140 bis 154 des Urteils)

dahingehend, dass eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke des Ausspielens von personalisierter Werbung auf Websites (DSK) bzw. speziell durch soziale Online-Netzwerke (EuGH) durchaus wirksam eingeholt werden könne, sei es auch unter Anbieten ausschließlich einer kostenpflichtigen Alternativnutzung.

Zur zulässigen Höhe derartiger Kosten formulierte die DSK jedoch lediglich, es müsse sich hierbei um ein „marktübliches Entgelt“ handeln; der EuGH „sprach“ insofern von einem „angemessene[n] Entgelt“. Was genau in diesem Zusammenhang „angemessen“ sei bzw. nach welchen Kriterien sich dies bemessen lasse, blieb offen und ist entsprechend seither Anlass für Diskussionen. Hier könnte die nun ausstehende Stellungnahme des EDSA Orientierung liefern.

NOYB beteiligt sich an offenem Brief an den EDSA

Vor dem Hintergrund der aktuell noch ausstehenden Stellungnahme des EDSA in dieser Sache haben nun 28 so genannte „Non-governmental organizations“ (NGOs) sowie Verbraucherschutzorganisationen – hierunter erneut NOYB – ihren Standpunkt zu der hier in Rede stehenden Fragestellung in einem offenen Brief an den EDSA vom 16. Februar 2024 dargelegt. Anders als der HmbBfDI, die Datatilsynet und die Autoriteit Persoonsgegevens, nehmen sie hierbei konkret Bezug auf das neue Abo-Modell Metas.

Innerhalb des offenen Briefes zeigen dessen Verfasser die ihrer Ansicht nach gegebene immense Bedeutung der ausstehenden Stellungnahme für das europäische Datenschutzrecht auf. Ferner stellen sie sich entschieden gegen eine Anerkennung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Abo-Modellen (dort „Pay or okay“ genannt) im Allgemeinen und mithin insbesondere unabhängig der Höhe der jeweils aufgerufenen Monatsgebühr. So heißt es in dem offenen Brief etwa:

„When ‘pay or okay’ is permitted, data subjects typically lose the ‘genuine or free choice’ to accept or reject the processing of their personal data, which was a cornerstone of the GDPR reform and repeatedly upheld by the CJEU, also in C-252/21 Bundeskartellamt (…) [Fußnote der Verfasser des offenen Briefes hierzu: ‚CJEU in C-252/21 Bundeskartellamt, paragraph 143, relying on Recital 42 GDPR.‘].“

und:

„‘Pay or okay’ frames privacy as a paid service – a commodity – normalizing a view that, by default, EU residents have no right to data protection and users have to ‘purchase’ their Fundamental Rights from controllers. We therefore urge SAs not to get entangled in debates about what exact sum might be deemed ‘appropriate’ when having to ‘sell’ Fundamental Rights.“

Die Verfasser des offenen Briefes befürchten weiter, dass, sollten Abo-Modelle als datenschutzrechtlich zulässig eingestuft werden, diese bald überall dort eingesetzt würden, wo personenbezogene Daten über die Einwilligung „zu Geld gemacht“ werden könnten. Wenn aber nun für jeden Dienst, den ein EU-Bürger nutze, je eine monatliche Gebühr für den „Verzicht“ auf die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zum Zwecke des Ausspielens personalisierter Werbung durch den jeweiligen Dienst anfalle, könnten sich viele EU-Bürger letztlich ihr Recht auf Datenschutz in diesem Bereich nicht mehr leisten, so die Sorge der Verfasser des offenen Briefes.

Geschlossen wird der offene Brief mit dem Appell:

„We, therefore, urge the EDPB and all SAs to firmly oppose ‘pay or okay’ to prevent creating a substantial loophole in the GDPR. The EDPBs opinion will shape the future of data protection and the internet for years to come. It is of utmost importance that the opinion truly ensures data subjects a ‘genuine and free choice’ regarding the processing of their personal data.“

Ringen um die Freiwilligkeit der Einwilligung

Immer wieder wird das Datenschutzrecht als Verhinderer bezeichnet. Oft – so auch hier – trifft dies jedoch nicht zu. So verhindert das Datenschutzrecht das Ausspielen personalisierter Werbung auf der Grundlage der Verarbeitung personenbezogener Nutzerdaten nicht. Vielmehr stellt es lediglich sicher, dass Nutzer sich informiert für oder gegen eine solche Datenverarbeitung entscheiden können und hierbei vollkommen frei sind. Das Vorliegen des Letzteren und mithin der Einwilligungswirksamkeitsvoraussetzung der Freiwilligkeit wird, bei einer – wie derzeit von Meta für ein Facebook und/oder Instagram Abo aufgerufenen – monatlichen Rate von mindestens 9,99 € kombiniert mit der Bedeutung des jeweiligen Dienstes für dessen Nutzer, wohl tatsächlich angezweifelt werden dürfen.

Während der Austritt aus dem jeweiligen sozialen Netzwerk für (aktive) Nutzer regelmäßig keinen gangbaren Weg darstellen dürfte, erscheinen zusätzliche mindestens 9,99 € pro Monat tatsächlich „schmerzhaft“. Dies umso mehr, als wohl davon auszugehen sein wird, dass die monatlichen Fixkosten zahlreicher Nutzer bereits die Monatsgebühr für mindestens einen – ebenfalls als unverzichtbar empfundenen – Streaming-Dienst beinhalten werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es mitnichten fernliegend, dass sich auch solche Nutzer gegen den Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements jedoch für die fortgesetzte Nutzung des jeweiligen Dienstes und mithin zugleich für eine Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zum Zwecke des Ausspielens personalisierter Werbung entscheiden, welche eine solche Datenverarbeitung eigentlich bewusst und explizit nicht wünschen.

Nun bleibt mit Spannung zu erwarten,

  • inwiefern der EDSA sich innerhalb seiner ausstehenden Stellungnahme zu seiner Auffassung von der vom EuGH verwendete Begrifflichkeit „angemessenes Entgelt“ äußern wird,
  • ob hiernach die Höhe der aktuell von Meta aufgerufenen Monatsgebühr der Freiwilligkeit der alternativ möglichen Einwilligung in eine Datenverarbeitung zum Zwecke des Ausspielens personalisierter Werbung nicht im Wege stehen wird und
  • sollte dem nicht so sein, wie Meta hierauf reagieren wird.
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  • Die Leute müssen sich endlich mal von der Umsonst-Kultur verabschieden. Anbieter von Diensten müssen ja auch von igendwas leben und können nicht alles verschenken.

  • Mir wurden für Facebook und Instagram jeweils 12,99 € im Monat vorgeschlagen. Ich habe daraufhin Facebook und Instagram deaktiviert. Interessanterweise kann ich Instagram jetzt wieder nutzen und sogar die Verwendung meiner Daten einschränken. Ich bin allerdings skeptisch, weshalb ich Instagram kaum noch nutze. Im Grunde habe ich nichts gegen Bezahldienste, wenn ich dann wirklich von Werbung befreit bin, stecke mein Geld aber lieber in seriöse Medienabos und gute Bücher.

  • Die einzige erlaubte Alternative zu personenbezogener Werbung sollte einfach NICHT personenbezogene Werbung sein, so wie das früher bei Printmedien der Fall war. Wenn für alle gleiche Bedingungen herrschen dann regelt das der Markt.

  • Ich selbst nutze z.B. facebook/ Messenger täglich recht intensiv! Bietet es mir die Möglichkeit mit vielen Personen weltweit Kontakt zu halten, der postalisch unmöglich wäre. Mit diesen findet auch ein reger Datenaustausch statt (Musikbusiness/Sport/ Bilder), also gerade für META hoch interessant. Als Privatperson nutze ich keine Geschäftsangebote von META. Dafür werde ich täglich mit FAKE-Werbung, Pornografie, Falschmeldungen, Fake-Profilen etc. überhäuft. Neuerdings teils komplett per KI generiert. Nachdem Google offensichtlich eine Cooperation mit Putins Web-Browser „Yandex“ eingegangen ist, sind Inhalte oft aus dem Ostblock bzw. Asien, mit eindeutig betrügerischer Absicht im Posteingang. Vermehrt sind internationale/ nationale Prominente unfreiwillig involviert, indem per KI komplexe Interview-Inhalte gefälscht werden (Finanzdienstleistung). Wer sich beschwert, wird von META ausgebremst und gemassregelt. Die Forderung nach Abo-Gebühren sind Nötigung und würden als Effekt kaum zu weniger Betrug am User führen. Aus dem Freundeskreis Musiker wurde berichtet, es gäbe neue Musik/ Concerte, die komplett per KI generiert wurden, diese sollen täuschend echt und perfekt gemacht sein, sodaß zum Menschen kein Unterschied auszumachen ist. Ich bin gespannt, wie diese Themen weiterhin behandelt werden….x.. Jeder User dieser internationalen Anbieter muss neuerdings eine Erklärung vor Weiternutzung geben, dass er explizit auf jegliches europäisches Recht verzichtet! Andernfalls wird die Anzahl der APP’s , die frei genutzt werden können (bei mir auf 4 App’s) begrenzt. Eine weitere Nötigung!

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