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Unentgeltlicher Auskunftsanspruch beim Zwangsverwalter

Unentgeltlicher Auskunftsanspruch beim Zwangsverwalter

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 15.07.2021 (Az.: V ZB 53/20) beschlossen, dass die Bearbeitung eines Schuldnerantrags an den Zwangsvollstrecker auf Auskunft nach Art.15 Absatz 1 DSGVO, Teil der Geschäftsführung des Verwalters ist. Demnach zählt der Auskunftsanspruch nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten im Sinne von § 21 Absatz 1 ZwVwV. Was die Hintergründe des BGH-Beschlusses sind, lesen Sie hier.

534,39 Euro für einen Auskunftsanspruch?

In einem Zwangsverwaltungsverfahren über Grundbesitz wurde eine Zwangsverwalterin bestellt. In der Folge beantragte der Schuldner bei ihr nach Art. 15 DSGVO die Erteilung einer Auskunft über gespeicherte persönliche Daten. Im Rahmen dieses Auskunftsanspruchs stellte die Zwangsverwalterin der Schuldnerin eine Rechnung in Höhe von 534,39 Euro aus. Bei der Bearbeitung des Anliegens wurde der geleistete Zeitaufwand von 340 Minuten zugrunde gelegt.

Nachdem das Landgericht die Rechnung des Schuldners gekürzt hat, verfolgte die Zwangsverwalterin ihren Festsetzungsantrag beim BGH weiter und legte Rechtsbeschwerde ein.

BGH: Kein Vergütungsanspruch

Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, dass die Auskunftserteilung keine zu vergütende Geschäftsführung der Zwangsverwalterin gemäß § 17 Absatz 1 ZwVwV ist. Nach § 17 Absatz 1 ZwVwV hat der Zwangsverwalter einen angemessen Vergütungsanspruch für seine Geschäftsführung und auf Erstattung seiner Auslagen.

Der BGH führt in seinem Beschluss aus, dass es sich vielmehr um allgemeine Geschäftskosten handele. Diese seien gemäß § 21 Absatz 1 Satz 1 ZwVwV mit der Vergütung abgegolten.

Unentgeltlicher Auskunftsanspruch

In Art.12 Absatz 5 Satz 1 DSGVO ist geregelt, dass Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 sowie alle Mitteilungen und Maßnahmen gemäß den Artikeln 15 bis 22 und Artikel 34 unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

In Ausnahmefällen kann gemäß Art 12 Absatz 5 Satz 2 ein angemessenes Entgelt verlangt werden. Dies kann bei exzessiven Anträgen der Fall sein. Wir haben in der Vergangenheit umfassend über den Auskunftsanspruch berichtet.

Dass es sich im konkreten Fall um einen unentgeltlichen Auskunftsanspruch im Sinne der DSGVO handelt, begründet das Beschwerdegericht wie folgt:

„Vielmehr sei jeder Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr.7 DS-GVO zur Auskunftserteilung verpflichtet, die gemäß Art. 12 Absatz 5 DS-GVO unentgeltlich zu erfolgen habe. Soweit der Verwalterin dadurch Kosten entstünden, seien diese nicht Folge ihrer Bestellung, sondern der beruflichen Tätigkeit, die sie allgemein anbiete. Der allgemeine Geschäftsbetrieb, der erforderlich sei, um den Pflichten aus § 152 ZVG nachzukommen, bringe einen gewissen Büroaufwand und die damit einhergehenden Einrichtungen zur Datenverarbeitung mit sich.“

Der Zwangsverwalter und die DSGVO

Der Zwangsverwalter muss sich mit den Normen der Datenschutz-Grundverordnung vertraut machen. Auch, wenn dem Zwangsverwalter durch das Aneignen der entsprechende Rechtskenntnisse aus der DSGVO, ein Aufwand entsteht, ändert sich nichts am Beschluss des BGHs. Dem Beschluss zu Folge zähle es zum allgemeinen Geschäftsbetrieb des Zwangsverwalters, sich mit seinen aus der DSGVO folgenden Pflichten vertraut zu machen. Ggf. erforderliche Recherchearbeiten vermögen daran nichts zu ändern, insbesondere seien diese auch nicht dem Schuldner anzulasten:

„Danach zählt die Bearbeitung eines Antrags des Schuldners an den Zwangsverwalter auf Auskunft nach Art. 15 Absatz 1 DSGVO nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten im Sinne des § 21 Absatz 1 ZwVwV, sondern ist Teil der Geschäftsführung des Verwalters.“

„Die Kosten der Bearbeitung eines konkreten Auskunftsantrags einschließlich der Prüfung, inwieweit auf Standardantworten zurückgegriffen werden kann, sind dagegen keine allgemeinen Geschäftskosten, sondern Kosten, die durch die Geschäftsführung in einem konkreten Zwangsverwaltungsverfahren entstehen.“

Somit hat nach Auffassung des Gerichts auch ein Zwangsverwalter die Normen der DSGVO zu beachten:

„Allerdings muss ein Zwangsverwalter bei der Einrichtung seines Büros auch den allgemeinen datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen. Deshalb gehören die Einarbeitung in die einschlägigen Vorschriften, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung, die Kosten für den Besuch entsprechender Fortbildungsveranstaltungen, ggf. die Kosten für einen Datenschutzbeauftragten (vgl. Art. 37 ff. DS-GVO) und auch die Erarbeitung von Standardantworten, etwa für Fragen nach dem Serverstandort und möglichen Garantien bei einem Serverstandort in einem Drittland (Art. 15 Abs. 2, Art. 46 Abs.1 DSGVO), zu den allgemeinen Geschäftskosten.“

Zwangsverwalter ist Verantwortlicher

Der Zwangsverwalter erhält personenbezogene Daten, da er in einem bestimmten Zwangsverwaltungsverfahren zum Verwalter bestellt worden ist. In solch einem Verfahren erhebt der Zwangsverwalter selbst Daten, die er dann im Anschluss verwaltet. Aus diesem Grund sind dem Zwangsverwalter auch die Auskunftsansprüche zuzuordnen.

Auskunft auf Kosten des Zwangsverwalters?

Fraglich ist, ob der Zwangsverwalter nun selbst auf seinen Kosten sitzen bleibt. In Art. 12 Absatz 5 DSGVO ist lediglich das Verhältnis zwischen dem Auskunftsberechtigten und dem Verantwortlichen geregelt. Somit muss die Auskunft nur für die betroffene Person unentgeltlich sein. Daraus ergibt sich aber nicht, dass der Verantwortliche, die für die Erteilung der Auskunft entstandenen Kosten, niemandem in Rechnung stellen darf.

Folglich könnten die Kosten ggf. als Teil der Vollstreckungskosten gemäß § 788 ZPO festgesetzt werden. Diesbezüglich sind dem Beschluss selbst, weitere Ausführungen zu entnehmen.

Bedeutung des Beschlusses

Wieder einmal kristallisiert sich die Bedeutung des Datenschutzes heraus. Die Regelungen der DSGVO reichen bis hin zur Zwangsverwaltung. Auch der Zwangsverwalter kommt nicht drum herum, sich mit den für ihn bedeutenden Normen der DSGVO in seinem Berufsalltag auseinanderzusetzen.

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