Die Rechtsprechung zur heimlichen Videoüberwachung im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses ist um ein Urteil reicher geworden. Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil v. 11.07.2013 – 11 Sa 312/13) hat einer Klägerin im Berufungsrechtszug ein Schmerzensgeld in Höhe von 1000€ zugesprochen, nachdem ihr Arbeitgeber sie durch einen Privatdetektiv einer „Krankenkontrolle“ unterzogen hat, die die krank gemeldete Mitarbeiterin des Betruges überführen und ihre Kündigung rechtfertigen sollte.
Der Inhalt im Überblick
Welcher Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde?
Die Klägerin, die als Sekretärin bei ihrem Arbeitgeber angestellt war, meldete sich aufgrund verschiedener nacheinander aufgetretener Erkrankungen – zuletzt eines Bandscheibenvorfalls – für einen Zeitraum von ca. zwei Monaten krank und konnte für ihren Abwesenheitszeitraum entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegen.
Ihr Arbeitgeber entschloss sich, eine Detektei zu beauftragen und die Mitarbeiterin observieren zu lassen. In dieser Zeit fertigte die Detektei heimlich mehrere Videosequenzen an, die die Mitarbeiterin beim Hantieren mit Wäsche im Waschsalon zeigen. Auf Grundlage der so entstandenen Bilder kündigte der Arbeitgeber ihr. Das Arbeitsgericht Münster hatte bereits rechtskräftig entschieden, dass das Arbeitsverhältnis nicht wirksam gekündigt worden sei.
Straftat im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses begangen?
Zur Aufdeckung von Straftaten darf nach § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten erfolgen, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis Straftaten begangen hat.
Ein Arbeitnehmer, der eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vortäuscht und sich so die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sichert, kann den Straftatbestand des Betrugs nach § 263 StGB verwirklichen. Im hier vorliegenden Fall konnte der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen jedoch nicht erschüttern.
Wann gibt es Schmerzensgeld?
Wie das LAG Hamm urteilte, haben die Videoaufnahmen die Klägerin rechtswidrig und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Zu den rechtlichen Voraussetzungen der heimlichen Videoüberwachung haben wir bereits berichtet.
Bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann der Betroffene eine Geldentschädigung für immaterielle Schäden beanspruchen, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und die Beeinträchtigung nach Art der Verletzung nicht auf andere Weise – etwa Genugtuung durch Unterlassen, Gegendarstellung oder Widerruf – befriedigend ausgeglichen werden kann. Das war hier nicht der Fall.
Wonach richtet sich die Höhe des Schmerzensgeldes?
Bemessungsfaktoren für die Höhe des Schmerzensgeldes sind insbesondere die Genugtuung des Opfers, der Präventionsgedanke und die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung.