Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium des Innern und für Heimat haben einen Entwurf des Beschäftigtendatengesetzes mit Datum vom 8. Oktober 2024 veröffentlicht. Der geplante Gesetzentwurf, der sich aktuell noch in der Ressortabstimmung befindet, soll mehr Klarheit im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes schaffen und damit die Rechtssicherheit erhöhen. Im Folgenden wollen wir einen Blick auf die wichtigsten Punkte des Entwurfes werfen.
Der Inhalt im Überblick
Aktuelle Normen zum Beschäftigtendatenschutz
Arbeitgeber verarbeiten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses große Mengen personenbezogener Daten ihrer Mitarbeiter. Bereits im Bewerbungsverfahren werden neben den Bewerberstammdaten (Name, Telefonnummer, Anschrift, E-Mail-Adresse, usw.) und Qualifikationsdaten unter Umständen auch ein Polizeiliches Führungszeugnis, eine Schufa-Auskunft, die Ergebnisse von Eignungstests sowie die Ergebnisse von ärztlichen Eignungsuntersuchungen verarbeitet. Darüber hinaus gehen die Überwachung und die Kontrolle des Verhaltens des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber mit der Verarbeitung zahlreicher sensibler personenbezogener Daten einher. Vor diesem Hintergrund bemüht sich der Gesetzgeber seit den 80er Jahren in Deutschland, ein umfassendes Beschäftigungsdatenschutzgesetz zu verabschieden, welches diesen Bereich speziell regelt.
Die Datenschutz-Grundverordnung, die seit dem 25. Mai 2018 anwendbar ist, enthält keine spezifischen Normen zum Bereich des Beschäftigtendatenschutzes. Allerdings können die Mitgliedstaaten dank der Öffnungsklausel in Art. 88 DSGVO spezifischere Vorschriften bezüglich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigtenkontext verabschieden. Daran knüpfte der deutsche Gesetzgeber und regelte die Datenverarbeitung zum Zweck des Beschäftigungsverhältnisses im § 26 BDSG. Allerdings erklärte der EuGH in seinem Urteil vom 30. März 2023, dass § 23 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes gegen die DSGVO verstößt, welcher inhaltlich identisch mit § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG ist. Laut dem BAG ist § 26 BDSG aus diesem Grund nur zum Teil anwendbar. Damit ist der Beschäftigtendatenschutz aktuell nur abstrakt in der DSGVO und dem Bundesdatenschutzgesetz geregelt.
Der Entwurf zum Beschäftigtendatengesetz
Um eine verantwortungsvolle Datennutzung in der Arbeitswelt zu fördern, hat sich die aktuelle Bundesregierung als Ziel gesetzt, einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen, der einen starken Datenschutz mit der digitalen Transformation und der technologischen Innovation verbinden soll. Unter anderem werden folgende Ziele im neuen Beschäftigtendatengesetz verfolgt:
- Die in § 26 BDSG abstrakt formulierten Überlegungen werden nun konkreter dargestellt, sodass die Zulässigkeitsprüfung der Datenverarbeitung in komplexen Einzelfällen erleichtert wird;
- die Grenzen des Fragerechts des Arbeitsgebers in der Bewerbungsphase werden klarer definiert und es wird auch klargestellt, wann Gesundheitsuntersuchen und psychologische Tests zulässig sind;
- der Entwurf enthält differenzierte Regelungen zu den verschiedenen Überwachungsformen von Beschäftigten;
- im Falle des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz werden eine Reihe von Informations- und Kennzeichnungspflichten vorgesehen, die mehr Transparenz schaffen sollen und
- Regelungen zum Profiling von Beschäftigten werden eingeführt.
Im Folgenden werfen wir einen detaillierteren Blick auf einige dieser Regelungen.
Regelungen zur Einwilligung
Häufig bleibt für die Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten keine andere Rechtsgrundlage als die Einwilligung des Beschäftigten. Problematisch ist, dass im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses die Abhängigkeit der Beschäftigten in Frage stellt, ob die Einwilligung überhaupt freiwillig erteilt werden kann. Vor diesem Hintergrund konkretisiert § 5 Abs. 2 des Entwurfes, in welchen Fällen von einer Freiwilligkeit der Einwilligung typischerweise ausgegangen werden kann. Zu diesen Fällen gehören:
- die Nutzung von Fotos für das Intranet,
- die Aufnahme von Namen und Geburtsdatum in eine Geburtstagsliste,
- die Teilnahme an Angeboten zur Gesundheitsförderung im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements,
- die Erlaubnis zur Privatnutzung von betrieblichen IT-Systemen,
- die Nutzung von biometrischen Daten zur erleichterten Identifizierung, sofern es eine gleichwertige Alternative gibt, die keine Nutzung biometrischer Daten erfordert
Insofern beschränkt sich die Norm darauf, die gegenwärtige Praxis abzubilden. Weitere Informationen über die Einwilligung finden Sie in unserem Beitrag: Einwilligung im Datenschutz – Das ist zu beachten.
Löschfristen für Bewerberdaten
Nach dem Grundsatz der Zweckbindung sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald diese für die Erreichung der verfolgten Zwecke nicht mehr erforderlich sind. Die Unterlagen abgesagter Bewerber dürfen ihrerseits nach der aktuellen Rechtslage bis zu 6 Monaten nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens gespeichert werden. Grund dafür ist die im § 61b des Arbeitsgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes enthaltene Regelung, wonach die Klageschrift innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Der Anspruch auf Entschädigung wegen einer Diskriminierung muss innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Darauf basierend wird in der Praxis eine Löschfrist von 6 Monaten für die personenbezogenen Daten abgesagter Bewerber angewendet. Mehr Informationen über die Aufbewahrungsfristen für Bewerberdaten finden Sie in unserem Beitrag: Aufbewahrungsfrist: Wann sind Bewerbungen zu löschen?
17 Abs. 1 des Entwurfs sieht dagegen vor, dass Bewerberdaten spätestens drei Monate nach Feststellung des Nichtzustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses gelöscht werden müssen. Eine Ausnahme besteht nur aufgrund eines bereits anhängigen Rechtsstreits oder wegen zu dokumentierender konkreter Anhaltspunkte wahrscheinlichen Rechtsstreits. Für eine über die Löschfrist hinausgehende Speicherung zwecks einer Kontaktaufnahme für spätere Auswahlverfahren benötigt der Arbeitgeber nach wie vor die Einwilligung der betroffenen Person.
Die Überwachung von Beschäftigten
Ein weiteres wichtiges Element des neuen Gesetzentwurfs sind die in Kapitel 2 enthaltenen differenzierten Normen für verschiedene Formen der Arbeitnehmerüberwachung. Neben der allgemeinen Norm des § 18 des Entwurfes für Überwachungsmaßnahmen, welche ausführlich festlegt, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz von Arbeitnehmerüberwachungsmaßnahmen zulässig ist, regelt der Entwurf nicht nur kurzzeitige Überwachungsmaßnahmen, die verdeckte Überwachung, die Videoüberwachung und die Ortung des Arbeitnehmers. Die detaillierten Vorschriften sollen dazu beitragen, mehr Rechtssicherheit in der Praxis zu schaffen.
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Art. 37 Abs. 1 lit. b und c DSGVO und § 38 BDSG verpflichten Arbeitgeber, in bestimmten Fällen einen Datenschutzbeauftragten zu benennen. Nach aktueller Rechtslage wird der Datenschutzbeauftragte allerdings nur vom Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats bestellt, wodurch ein Spannungsverhältnis zwischen Arbeitgeber, Datenschutzbeauftragten und Betriebsrat entstehen kann. Um diese Problematik zu lösen, sieht § 12 des Entwurfes ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Bestellung und Abberufung des Datenschutzbeauftragten vor. Kommt eine Einigung zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber bezüglich der Bestellung oder der Abberufung des Datenschutzbeauftragten nicht zustande, dann entscheidet die Einigungsstelle nach § 76 Betriebsverfassungsgesetz. Dem Gesetzentwurf zufolge soll der Betriebsrat damit in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, wenn er Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten hat.
Die Bedeutung für die Praxis
Anhand der ausgewählten Beispiele wird ersichtlich, dass der Gesetzesentwurf mehr Klarheit schaffen und damit die Arbeit der Datenschutzbeauftragten und die Entschlussfassung der für die Datenverarbeitung Verantwortlichen im Hinblick auf Datenschutzmaßnahmen erleichtern soll. Ob der neue Entwurf für ein Beschäftigtendatengesetz verabschiedet wird, ist jedoch angesichts der gescheiterten vorherigen Gesetzentwürfe unklar. Es bleibt auch abzuwarten, welche Änderungen die Parteien vorschlagen werden. Es ist daher ratsam zu beobachten, wie sich die Diskussion um den Entwurf weiterentwickelt.
Update 18.11.2024
Aufgrund des Zusammenbruches der Ampelkoalition am 6. November 2024 ist nach aktuellem Stand davon auszugehen, dass mehrere Gesetzesvorhaben nicht verabschiedet werden, da die Mehrheit im Bundestag für die Regierung nicht mehr vorhanden ist. Bundeskanzler Scholz hat zwar seine Absicht betont, noch wichtige Projekte zustande zu bringen. Da das Beschäftigtendatengesetz sich allerdings in einer sehr frühen Phase befindet, ist allerdings unwahrscheinlich, dass dieses vor den Neuwahlen verabschiedet wird. Aus diesem Grund sind Änderungen der Datenschutzregelungen im Beschäftigungsverhältnis in naher Zukunft nicht zu erwarten. Wir werden die Entwicklungen in diesem Bereich aber im Auge behalten und Sie auf dem Laufenden halten.