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Dürfen Falschparker für Anzeigen fotografiert werden?

Dürfen Falschparker für Anzeigen fotografiert werden?

Wer hat sich noch nicht über seine Mitmenschen aufgeregt, weil diese wieder einmal den Radweg oder die Grundstücksausfahrt zugeparkt haben? Und von den Behörden ist doch sowieso keine Hilfe zu erwarten, so oft die landläufige Meinung. Aber darf man deshalb selbst Polizei spielen und Fotos von Personen machen, die möglicherweise gegen Gesetze verstoßen haben? Wir gehen dieser spannenden Frage auf den Grund.

Fotoaufnahmen von Fahrzeugen

Was haben Fotos von Fahrzeugen mit Datenschutz zu tun? Selbst wenn auf den Fotos keine Personen abgebildet sind, stellt zumindest das KFZ-Kennzeichen in der Regel ein personenbezogenes Datum dar. Aus diesem lässt sich der Fahrzeughalter und ggf. der Eigentümer des Fahrzeugs bestimmen. Das Verwaltungsgericht Ansbach musste sich kürzlich mit dieser Thematik auseinandersetzen (Urteile vom 02.11.2022, AZ. AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.01431, die Urteilsbegründungen liegen noch nicht vor). Dabei ging es konkret um die Frage, ob das Versenden von Fotos von falsch geparkten Fahrzeugen an die Polizei erlaubt ist.

Was war passiert? Zwei Personen haben Anzeigen bei der Polizei wegen Parkverstößen erstattet. Zusätzlich machten sie Fotos von den betroffenen Fahrzeugen und schickten diese auf elektronischem Wege an die Polizei. Hierfür kassierten die beide Personen eine Verwarnung vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA). Die Behörde war der Ansicht, dass diese Vorgehensweise gegen Datenschutzvorschriften, vor allem gegen Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO verstoßen hat.

Verantwortliche nach DSGVO

Interessant hierbei ist, dass das BayLDA die beiden Anzeigenersteller offenbar als Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO eingestuft hat. Anderenfalls wären datenschutzrechtliche Vorschriften gar nicht anwendbar gewesen, was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass auch eine Verwarnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. b DSGVO nicht möglich gewesen wäre. Dies ist sicherlich aus dogmatischer Sicht konsequent, da die sog. Haushaltsausnahme des Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO nicht mehr greift. Spätestens mit dem Versenden der Fotos an die Polizei liegt keine Datenverarbeitung mehr vor

„…durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.“

In der gerichtlichen Auseinandersetzung ging es auch um die Frage, ob die Person, welche die fraglichen Fotos gemacht hat, persönlich betroffen gewesen sein muss, ob er oder sie also beispielsweise das eigene Fahrzeug zugeparkt worden ist. In den vorliegenden Fällen hat es sich u. a. um Parken im absoluten Halteverbot oder auf Gehwegen gehandelt. Die persönliche Betroffenheit hat das VG Ansbach offenbar weit ausgelegt. Zudem ist es naheliegend, beim Zuparken von Fußwegen zumindest eine mittelbare Betroffenheit anzunehmen.

Ausdrückliche Aufforderung der Polizei

Nach Auffassung des BayLDA wäre es ausreichend gewesen, den Sachverhalt lediglich unter Angabe des oder der KFZ-Kennzeichen an die Polizei weiterzugeben. Die Aufsichtsbehörde gab zu bedenken, dass stets die Gefahr bestehe, weitere personenbezogene Daten von anderen Dritten, z. B. Kennzeichen von unbeteiligten Fahrzeugen oder gar Fotos von Personen, zu übermitteln. Die beiden Kläger hatten vorgebracht, dass die Polizei sie ausdrücklich aufgefordert habe, den Sachverhalt mittels Bildaufnahmen zu dokumentieren. Dies würde die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten deutlich vereinfachen.

Wie sich aus der Pressemitteilung des VG Ansbach ergibt, hat sich das Gericht der Auffassung der beiden Kläger angeschlossen und die Verwarnungen des BayLDA kassiert. Die Entscheidungen sind allerdings noch nicht rechtskräftig. Das BayLDA hat bereits angekündigt zu prüfen, ob es hier um eine Einzelfallentscheidung handele oder ob der Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung zukomme.

Berechtigtes Interesse oder Verletzung des Gewaltmonopols?

Die Entscheidung des VG Ansbach wirft tatsächlich die Frage auf, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Entscheidung schon deswegen interessant, da das BayLDA die beiden Kläger offenbar als datenschutzrechtlich Verantwortliche behandelt. Inhaltlich geht es aber um die Abwägung, ob die Weitergabe der personenbezogenen Daten von dem berechtigten Interesse der Kläger gedeckt war. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, welche die Kläger in ihrem Rechtsstreit unterstützt hatte, äußerte dazu eine klare Meinung:

„Falschparken ist kein Kavaliersdelikt, sondern gefährdet Menschen, die mit Fahrrad, Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs sind. Die Behörden sollten nicht gegen zivilgesellschaftliches Engagement vorgehen, sondern konsequent Maßnahmen gegen zugeparkte Fuß- und Radwege, Falschparken vor abgesenkten Bordsteinen oder in Kreuzungsbereichen ergreifen.“

Dass die Behörden konsequent gegen Falschparker und andere Verkehrssünder vorgehen sollen, ist sicherlich gut und richtig. Aber ist es wirklich sinnvoll, einen Teil dieser Aufgabe auf Privatpersonen abzuwälzen? Schließlich obliegt das Gewaltmonopol in Deutschland ausschließlich dem Staat. Wenn – wie hier – die Polizei einzelne Bürger ausdrücklich dazu auffordert, Fotos mit personenbezogenen Daten zu übersenden, um diese in Ordnungswidrigkeitsverfahren zu verwenden, wird dieses Monopol zumindest aufgeweicht. Dass sowohl juristisch als auch polizeilich ungeschulte Personen quasi hoheitliche Aufgaben übernehmen, sollte für Bauchschmerzen sorgen.

Wehret den Anfängen!

Man kann argumentieren, dass die beiden Kläger Zivilcourage gezeigt hätten, was sicherlich begrüßenswert ist. Aber wo zieht man die Grenze? Wenn das obige Beispiel Schule macht, ist der Weg zu einem ausgewachsenen Denunziantentum voller Misstrauen nicht weit. Dies wurde auch schon während der Covid19-Pandemie deutlich. Hier gab es viele Ratschläge für Bürger, ob man den Nachbarn wegen mutmaßlicher Verstöße gegen umstrittene Anti-Corona-Maßnahmen verpfeifen sollte oder nicht. Auf einem Online-Portal der Stadt Essen war es im Lockdown 2020/2021 für Bürger sogar möglich, Verstöße gegen die geltenden Maßnahmen zu melden.

Die aktuelle Entscheidung des VG Ansbach hat auf jeden Fall genug Potential, eine derzeit ohnehin schon gespaltene Gesellschaft noch weiter auseinanderzudriften. Aus datenschutzrechtlicher und aus gesellschaftlicher Sicht ist die Entscheidung bedenklich. Insofern darf man auf die Urteilsbegründungen sehr gespannt sein. Es ist wahrscheinlich, dass das BayLDA in Berufung geht und die Sache noch nicht vom Tisch ist. Dafür geht es um zu viel. Positiv ist, dass sich das BayLDA grundsätzlich kompromissbereit zeigt, was die konkrete Vorgehensweise und die Art der Kommunikation bei zukünftigen Fällen angeht.

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  • Es gibt doch bereits das rechtskräftige einschlägige Urteil vom Amtsgericht Kassel von 2007 (Az.: 1 T 75/07), wo sogar einer Veröffentlichung solcher Bilder im Internet nicht widersprochen wurde. Wie passt das dazu?

    • Hier ist aus unserer Sicht fraglich, ob das von Ihnen genannte Urteil (hier: das Landgericht Kassel, welches den erstinstanzlichen Beschluss des AG Kassel vom 02.04.2007, Az. 413 C 1751/07, bestätigt hat) mit dem Urteil des VG Ansbach überhaupt vergleichbar ist. Während es im hier dargestellten Fall um die Weitergabe von Fotos die Polizei geht, hatten sich die Gerichte in Kassel mit der Frage zu beschäftigen, ob die Veröffentlichung eines KFZ-Kennzeichens auf einer Website gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verstößt. Außerdem kamen sowohl das AG als auch das LG zu dem Ergebnis, dass datenschutzrechtliche Vorschriften gar nicht anwendbar sind.

      Eine wirkliche Vergleichbarkeit dürfte damit nicht gegeben sein. Wie wir in dem Beitrag dargestellt haben, gibt es für beiden Seiten Argumente, die im Rahmen einer Interessenabwägung gegeneinander abgewogen werden müssen. Der Autor dieses Beitrags ist der Auffassung, dass dies dem VG Ansbach nicht überzeugend gelungen ist.

  • Denunziantentum wäre das Erstatten einer (Straf-)Anzeige durch einen Denunzianten aus persönlichen, niedrigen Beweggründen, wie zum Beispiel das Erlangen eines persönlichen Vorteils. Wenn man sich als Bürger gegen rücksichtslose Falschparker wehrt, dann sind dies aber keine niedrigen Beweggründe, sondern es geht darum, die Einhaltung der Regeln einzufordern, an die sich jeder anständige Mitbürger halten sollte.
    Es geht dabei ja auch nicht um Mutmaßungen, wie bei dem Beispiel Corona, sondern um den Nachweis von Tatsachen. Insofern ist das im Fall der Falschparker nur gerecht. Viel eher ist es unanständig, hier den Datenschutz vorzuschieben, um sich der gerechten Bestrafung zu entziehen. Dies erzeugt auch eher ein allgemeines Unverständnis über den Datenschutz und schadet dem Bestreben dort für den Datenschutz zu sorgen, wo er wirklich gebraucht wird.

    • Das sehe ich ebenso. Es geht hier nicht um Denunziantentum, sondern das Falschparker vor allem dann ein Ärgernis sind, wenn sie Gehwege oder Radwege zustellen, so dass Fußgänger oder Radfahrer auf die Straße ausweichen müssen. Dabei können sie schnell einen Unfall erleiden. Besonders behinderte Menschen müssen darunter leiden. Insofern finde ich die Entscheidung des VG Ansbach vollkommen richtig. Vielmehr finde ich bedenklich, dass Falschparken in Deutschland als Kavaliersdelikt angesehen wird und die Bußgelder für viele Verkehrsordnungswidrigkeiten lächerlich sind.

    • Dies ist auch meine Meinung. Was hat es mit Denunziantentum zu tun, wenn verbotswidrigriges Handeln dukumentiert wird als Beweis? Wo bleibt die behördliche, genehmigte Überwachung oder Anzeige? Also keine Verschanzerei hinter dem Datenschutz.

  • Gerade der vorletzte Abschnitt spiegelt sehr stark die persönliche Meinung und Überzeugung des Autors wider. Andere Autoren würden das komplett anders einschätzen. Hier sollten wir uns aber auf rechtliche Themen beschränken und nicht über persönliche Vorlieben schreiben.

  • Es gibt auch ein polnisches Urteil, in dem u.a. darauf abgehoben wird, dass „das Kennzeichen eines Kraftfahrzeugs nicht dem Persönlichkeitsschutz unterliegt, da es das Kraftfahrzeug und nicht die Person identifiziert“.

  • Die Frage hier geht doch eigentlich viel weiter: ist nur der Versand des Fotos nicht zulässig, oder ist auch der Versand des Fotos mit geschwärztem Kennzeichen unter schriftlicher Nennung des Kennzeichens (also äquivalent zur mündlichen Nennung) nicht erlaubt? Zu häufig verkommt der Datenschutz mittlerweile zum Täterschutz – und verliert damit an öffentlicher Glaubwürdigkeit und Unterstützung.
    Die Behörden, die sich die Verpflichtung zur Kontrolle als Arbeitserhaltungsmassnahme selber beschlossen haben, sind allgemein völlig überfordert damit, diese Pflichten auch in kontinuierlichen Kontrollen umzusetzen – das sind die Geister, die sie riefen… Und verstecken tun sich alle dann hinter dem Datenschutz.

  • Vielleicht ist noch erwähnenswert, dass in vielen Gemeinden die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch die Ordnungsämter wahrgenommen wird. Die Meldung von Falschparkern wird dort oft unbürokratischer gehandhabt. Im Gegensatz zu einer Anzeige bei der Polizei reicht dort ein Anruf beim zuständigen Sachbearbeiter und dann kommt ein Kollege vorbei und schaut sich die Situation vor Ort an.

    • Gut gemeint der Rat, bloss was macht man außerhalb der Dienststunden der Ordnungsamt-Mitarbeiter. Aufgrund von gewollter Parkplatznot von der Gemeinde ist es sehr fraglich, ob es das Amt interessiert.

  • Für die Übermittlung ans Ordnungsamt ist nunmal das personenbezogene Datum „Kfz-Kennzeichen“ unerlässlich.
    Und wenn jetzt dieses Kennzeichen (auch) per Foto übermittelt wird, dann ändert dies in meinen Augen den Sachverhalt so lange nicht, wie kein weiteres personenbezogenes Datum durch das Foto erkennbar ist.
    Aber wann hat man dies denn schon? Wird ja nicht jeder ein Familienfoto im Autoinneren deponiert haben – und selbst wenn doch, dann obliegt es eben der Pflicht des Fotografen, dieses Detail zu schwärzen. Genauso bei Fußgängern / Verkehrsteilnehmern, die ggf. noch auf dem Bild sind. (Wobei die sich in aller Regel nur außenrum und wohl nicht prominent im Bild befinden dürften, weswegen das wohl auch noch hinzunehmen wäre.

  • Interessanterweise wäre der bloße Anruf bei Polizei und/oder Ordnungsamt zur Übermittlung des Kennzeichens einer Verkehrssünderin für die Anruferin unproblematisch, weil die Speicherung in einem Dateisystem ja erst bei der Polizei/Behörde erfolgt. Andererseits ist eine bloße Zeúgenaussage immer ein schwächeres Beweismittel gegenüber einem Sachbeweis wie einem Tatortfoto. Bei der Zeugenaussage kann sich eine Täterin viel erfolgreicher mit Irrtum der Zeugin verteidigen, daher das Interesse von Polizei/Behörde an einem Foto. Übrigens, ist das Kennzeichen eines Firmenwagens auch personenbezogenes Datum, insbesondere wenn die Firma eine juristische Person ist?

  • Wie so oft im Leben gibt es so manche Aspekte zu einer Sache. Nicht alle sind justiziabel. Und die Grenzen sind m.E. fließend zwischen Wahrnehmung eigener Rechte und Denunziantentum:
    Als Viel-Radfahrer kam ich schon in so manche brenzlige Situation durch Autofahrer. (Allerdings auch umgekehrt: Ich habe als Autofahrer auch schon Radfahrer vermeidbar in Gefahr gebracht.)
    Schutzstreifen für Radfahrer werden nicht nur zum Anhalten oder gar Parken missbraucht, vielerorts sind sie sogar dort unterbrochen, wo sie besonders wichtig für den Schutz von Radfahrern wären (die Stadt, in der ich wohne, zeichnet sich dadurch besonders aus…).
    Aber davon abgesehen: Auch ich hatte schon ‚wutentbrannt‘ falschparkende Lieferdienstfahrzeuge von Amazon, UPS, DHL etc. fotografiert, die mich in Bedrängnis brachten. Abgesandt an das Ordnungsamt oder die Polizei zwecks Anzeige hatte ich noch keines.
    Davon abgehalten hat mich stets, dass ich versuchte mich in die Lage eines Lieferdienstfahrers zu versetzen. In Städten könnten sie de facto ihren Dienst ohne Verstöße dieser Art nicht erbringen. Und weiter nachgedacht: Ich bin mitverantwortlich an der Misere, weil auch ich weitgehend auf Lieferdienste angewiesen bin, wenn ich online Waren bestelle…
    Perspektivenübernahme könnte so manchen Rechtsstreit vermeiden helfen…
    Ein letzter Kommentar: Führe ich mir die Verwarnung des BayLDA vor Augen, frage ich mich, ob es nicht viel wichtigere Bereiche und bedeutendere Verantwortliche – oder ‚Verantwortliche‘ – gibt, um die sich das BayLDA kümmern sollte. Aber vielleicht wäre auch hier eine Perspektivenübernahme meinerseits angebracht, selbst wenn’s mir schwerfällt…

  • Der Vorwurf des möglichen „Denunziantentums voller Misstrauen“ finde ich in der Gesamtbetrachtung völlig verfehlt. Bei den genannten Corona-Fällen mag das noch zutreffend gewesen sein, da durchaus die Gefahr bestand, seinem ungeliebten Nachbarn per Pseudo-Vorwürfen die staatlichen Ordnungshüter vorbeizuschicken. Hier handelt es sich doch aber um ganz klar abgrenzbare Bereiche, bei denen einzig und allein die konkrete Situation per Lichtbild dokumentiert wird. Sollte es sich hierbei um unhaltbare Vorwürfe handeln, wären diese als solches sofort zu erkennen und der „Denunziant“ zu erkennen.. Die Verwendung des Begriff „Denunziantentums“ suggeriert aus historischer Sicht auch eher eine Stasi-Spitzelei, die unbescholtenen Bürgern nur das Leben schwer machen soll. Das passt für mich überhaupt nicht in den Kontext von Falschparkern, die schlimmstenfalls das Leben und die Gesundheit ihrer Mitbürger gefährden. Und was wäre die Konsequenz, wenn aus diesen Gründen das Fotografieren und Melden von Falschparkern verhindert werden sollte? Wir würden weiterhin rücksichtloses und egoistisches Verhalten auf Kosten aller anderen Verkehrsteilnehmern weitestgehend (mangels ausreichender Kontrolle) in Kauf nehmen müssen, während sich die Falschparker bei Dokumentation ihres Fehlverhaltens als Opfer willkürlichen Denunziantentums hinstellen könnten. Sicherlich muss es klare Regeln für die Meldung und Dokumentation von Falschparkern geben. Dies aber sogleich mit obigen und historisch belasteten Begriffen zu untergraben, kann keine Lösung für die immer schlimmer werdenden Probleme insbesondere in Großstädten sein. Ich sehe vielmehr die ebenfalls angesprochene Gefahr, dass der Datenschutz von der Allgemeinheit als willkürliches Instrument angesehen wird, der einem oft nur unnötig das Leben schwer machen soll. Ich weiß, dass das nicht stimmt, aber die Gefahr liegt gesamtgesellschaftlich höher, als die Gefahr durch das unwürdige Totschlagargument des Denunziantentums.

  • [Gelöscht. Wir sehen nicht, wie ein isolierter Link zu dieser Diskussion beitragen soll. Wenn dieser aus Versehen abgesendet wurde, verfassen Sie bitte einen neuen Kommentar mit einer Nachricht.]

  • Mich wundert es, dass BayLDA das „berechtigte Interesse“ als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung ansieht. Unter der Voraussetzung, dass die Polizeibehörde aufgrund des „Hinweises“ bzw. „Beweises“ das Falschparken ahndet, wäre die Verarbeitung auch im „öffentlichen Interesse“, sofern man das hoheitliche Ziel verfolgt, dass Bußgelder der Gemeinschaft zukommen und diese Bußgelder für die Zukunft auch eine Wirkung für den Falschparker entfalten.

    Dennoch fühle ich mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass nur anhand eines Bildes (eingesandt von einer Privatperson), ein Bußgeld erlassen werden soll. Anhand von Photoshop und anderen Bildbearbeitungsprogrammen wären so nicht nur Fake-News sondern auch Fake-Ordnungswidrigkeiten an der Tagesordnung. Unbeliebte Menschen müssten dann nahezu täglich den Beweis erbringen, gewisse Ordnungswidrigkeiten nicht begangen zu haben.

    Für mich gibt es nur 2 sinnvolle Wege:
    1. Strafanzeige durch die Person, die die Fotos gemacht hat. Im deutschen Recht würde diese Person ja „nur“ als Zeuge auftreten. Die Beweissicherung wäre in dem Fall m.E. nicht verwerflich, auch wenn hier nicht das Hinweisgebergesetz greift.
    2. Wie in einem vorherigen Kommentar geschrieben: Tipp an die Polizeibehörde und diese muss dann selbst ausrücken, um die Beweise zu sichern und entsprechend tätig zu werden.

    Die Übertragung hoheitlicher Aufgaben an jeden einzelnen Bürger kann nicht das Ziel unserer Gesellschaft sein. Hierzu müsste Stellung bezogen werden, und nicht zu (ggf. unnötigen) Zwischenschritten.

    • Kleiner Hinweis. Wie bei der rechtlichen Verpflichtung muss die Rechtsgrundlage öffentliches Interesse mit dem Art. 6 Abs. 3 DSGVO zusammen gelesen werden. Sie erfordert also zusätzlich eine Rechtsvorschrift, die ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen muss. Der in dem Artikel angeschnitten Streit, wie bestimmt diese Vorschrift hinsichtlich der Datenverarbeitung sein muss, wird auch bei der Rechtsgrundlage rechtliche Verpflichtung entsprechend geführt.

  • Hochinteressante Beiträge – im Gegensatz zu Einigen Kommentator*innen hier möchte ich mich zuvorderst bei Herrn Schewior bedanken; gerade FÜR seine Aussagen & Wortwahl – offensichtlich hat er ein „Wespennest“ getroffen!

    Direkt zur Sache (ich fasse mich mögl. kurz & deutlich):
    1. Gesetze sind für mich der Rahmen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.
    2. Die BRD ist ein RECHTSSTAAT mit GEWALTENTEILUNG. Es gibt eine EXEKUTIVE.
    3. Dieser UND NUR DIESER obliegt die Durchsetzung der Rahmenbedingungen (= Gesetze).

    Interessant finde ich das Ungleichgewicht der Meinungen in den hier präsenten Kommentaren: offensichtlich fühlen sich fast ausschließlich die DENUNZIANT*INNEN zur Meinungsäußerung bemüßigt…

    Und JA, der Terminus vom DENUNZIANTENTUM ist durchaus passend, denn WARUM melden Sie…?! Hm…?!
    So lange für SIE SELBST KEINE GEFÄHRDUNG bzw. ein KONKRETER SCHADEN vorliegt, handeln Sie alle aus NIEDRIGEN BEWEGGRÜNDEN. Denn auch wenn Ihnen die Bezeichnung nicht schmeckt, so müssen Sie sich doch nach ihren MOTIVEN fragen lassen, die dazu führen, dass sie sich als Hilfspolizist*innen aufschwingen. Aus der Tonalität der überwiegenden Anzahl der hier versammelten Kommentare spricht eine Menge WUT & ZORN – und das SIND niedrige Beweggründe. Diese haben mit dem eigentlichen Vergehen nichts mehr zu tun!
    Ich gewinne den Eindruck, dass hier Privatanzeigen eben zur Dämpfung solcher Gefühle missbraucht werden. Oder trauen Sie Ihren tatsächlich gefährdeten Mitbürger*innen nicht zu, dass diese selbst Meldung bei den Ordnungsorganen machen (das wäre dann ÜBERHEBLICHKEIT oder?)?
    …Oder trauen Sie etwa Unseren Exekutivorganen die Ahndung von Vergehen und damit die Aufrechterhaltung unserer staatlichen Ordnung, nicht (mehr) zu? Es wird gemeckert über die Überlastung eben jener Ordnungsorgane, aber dass Privatanzeigen zu eben dieser Überlastung beitragen, soweit scheinen die Gedankengänge nicht zu gehen.
    Schließlich werden hier Parallelen zur ehemaligen DDR und der Stasi gezogen, um sich zu rechtfertigen – wenn ich hingehe, und denunziere einen/eine Mitbürger*in, ohne dass diese*r mir einen konkreten Schaden verursacht hat, sondern einfach aus dem Grund, dass mich das Verhalten des anderen aufregt und/oder ich mich durch dieses Verhalten zurückgesetzt fühle, dann sind wir wieder genau dort, wo wir in diesem Land von 1933-’45 und in den neuen Bundesländern von 1949-’89 schon einmal waren:

    Beim Untergraben der Stabilität unserer Ordnung durch Hass und Misstrauen: Niemand ist mehr sicher (wir alle, und auch SIE haben sich in ihrem Leben bereits nicht regelkonform verhalten, sei es aus Unachtsamkeit oder sonst wie anders gearteten Motiven, die oft auf gar keiner Schädigungsabsicht fuß(t)en & in der Konsequenz oft keinerlei Schaden verursach(t)en. Sind wir deshalb alle Kriminelle?), denn um die Ecke steht bereits jemand, der das Fehlverhalten dokumentiert und weiterleitet… „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten.“, das scheint die Maxime zu sein.

    Und damit sind wir bei einem weiteren großen Problem (evt. dem Grundproblem) der heutigen Gesellschaft in diesem Land: Anstatt miteinander zu reden und Probleme konstruktiv zu lösen, scheint es wieder (und zunehmend) angebracht, sich lieber sofort der Keule „Staatsmacht“ zu bedienen. In aller Deutlichkeit ist ein solches Verhalten feige, u.U. sogar durchaus hinterhältig, und letztlich unserer Demokratie, die auch Ihnen ein vergleichsweise freies und wohlhabendes Leben ermöglicht, nichts als abträglich. „Privatanzeiger*innen“ müssen sich fragen lasen: WARUM REDEN SIE NICHT ERST EINMAL MIT DEM/DER „MISSETÄTER*iIN“???

    Bitte machen Sie nicht den Fehler zu denken, ich wäre ein Freund von falsch Parkenden. 100% d’accord damit, dass diese auf ihren Fehler aufmerksam gemacht und ggf. bestraft werden.
    Aber das ist NICHT DIE AUFGABE einer selbsternannten BÜRGERWEHR, sondern allein des Staates. Und falls Sie meine Ausführungen auf sich persönlich beziehen: Bitte sehen Sie mir nach, dass ich der Überzeugung bin, dass die staatlichen Organe seit 1949 einen SEHR GUTEN Job machen. Und dieser ist mir völlig ausreichend, dass ich auf Dinge wie Privatanzeigen in meinem Leben bisher sehr gut verzichten konnte!

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