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Kein Schadensersatz bei unvollständiger Datenauskunft

Kein Schadensersatz bei unvollständiger Datenauskunft

Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 01.07.2021 (Az.15 O 372/20) über die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aufgrund einer verspäteten Datenauskunft entschieden. Was sich genau im konkreten Fall zugetragen hat und was die Hintergründe des Falles sind, lesen Sie hier.

Der Fall

Die Klägerin erlitt einen Verkehrsunfall. Aufgrund der darauf anstehenden Schadensregulierung beauftragte die Klägerin den Beklagten als Rechtsanwalt. Darüber hinaus wurde der Beklagte für die Klägerin auch in einer anderen Schadenssache gegen den Haftpflichtversicherer eines Kosmetikstudios tätig. Die Kommunikation zwischen der Klägerin und dem Beklagten erfolgte unter anderem über WhatsApp und E-Mail.

Nach Kündigung des Mandatsverhältnisses verlangte die Klägerin eine vollständige Datenauskunft einschließlich einer Kopie der Handakte. Zudem beauftragte sie ihren Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung der Datenauskunft und Herausgabe der Handakte.

In der Folge erteilte der Beklage der Klägerin diesbezüglich keinerlei Auskunft. Auch bezogen auf das Mandatskonto der Klägerin wurde keine Auskunft erteilt. Zudem wurde keine Auskunft darüber gegeben, inwieweit Informationen der Klägerin an den mit dem Beklagten in Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwalt gelangt sind, da dieser die gleiche Telefaxnummer nutzt.

Die Klägerin forderte im Verfahren einen Schadensersatzanspruch, der 1.000 Euro nicht unterschreiten sollte. Zur Begründung führte sie aus, dass sich der Beklagte seit neun Monaten mit der Auskunftserteilung in Verzug befinde und sein Verhalten mutwillig sei. Der Auskunftsanspruch sei nicht erfüllt, da keinerlei Auskunft erteilt wurde.

Der Auskunftsanspruch

Nach den Ausführungen des Landgerichts Bonn (kein frei zugänglicher Link), ist der Auskunftsanspruch grundsätzlich weit gefasst. Demnach fallen auch die Informationen aus dem Mandatskonto der Klägerin und die Daten der elektronischen Kommunikation darunter. Daher kann der Auskunftsanspruch erst erfüllt sein, wenn der Verpflichtete erklärt, dass die erteilte Auskunft, den Gesamtumfang darstellen soll.

Keine Entschädigung

Das Gericht hat der Klägerin keine Entschädigung für die verspätete Datenauskunft zugesprochen. Nach Ansicht des Gerichts steht ihr kein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Schmerzensgeldes gemäß Art. 82 DSGVO zu.

Gemäß Art. 82 Absatz 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.

In seinen Entscheidungsgründen führt das Gericht aus, dass eine bloße Verletzung der Informationsrechte der betroffenen Person aus Art. 12-15 DSGVO nicht dazu führt, dass eine Datenverarbeitung, infolge derer das Informationsrecht entstanden ist, selbst verordnungswidrig ist:

„Gemäß Art. 82 DSGVO Absatz 2 DSGVO haften die Verantwortlichen – insoweit konkretisierend – für den Schaden, der durch eine nicht dieser Verordnung entsprechende Verarbeitung entstanden ist. Daher kommt nur ein Verstoß durch die Verarbeitung selbst in Betracht, die verordnungswidrig sein muss, um einen Schadensersatzanspruch auszulösen. Aufgrund von anderen Verstößen, die nicht durch eine der DSGVO zuwiderlaufende Verarbeitung verursacht worden sind, kommt eine Haftung nach Art. 82 Absatz 1 DSGVO nicht in Betracht. Eine bloße Verletzung der Informationsrechte der betroffenen Person aus Art. 12-15 führt daher nicht dazu, dass eine Datenverarbeitung, infolge derer das Informationsrecht entstanden ist, selbst verordnungswidrig ist (Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung; DSGVO Art. 79 Rn. 18, beck-online). Dementsprechend löst die nach Art. 12 Absatz 3 Satz 1 DSGVO verspätete Erfüllung von Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO grundsätzlich keinen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO aus.“

Des Weiteren sei seitens der Klägerin auch kein Schaden dargelegt worden. Das Warten auf die Datenauskunft begründe keinen ersatzfähigen Schaden nach der DSGVO.

„Es muss auch bei einem immateriellen Schaden eine Beeinträchtigung eingetreten sein, die unabhängig von einer Erheblichkeitsschwelle wenigstens spürbar sein muss. Andernfalls scheidet ein „Schaden“ begrifflich schon aus.“

Streitwert in Höhe von 500 Euro

Das Gericht setzte den Streitwert für den Anspruch auf Auskunftserteilung auf 500 Euro fest. Hierbei wurde ausgeführt, dass es sich für die Kammer nicht erschließen lässt, inwiefern ein pauschaler Streitwert von 5.000 Euro maßgeblich sei.

„Die Gründe für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Datenauskunft können erheblich variieren. Dem Grunde nach sollen die Transparenzvorschriften der betroffenen Person zunächst dazu dienen, Kenntnis über eine etwaige Datenverarbeitung zu erhalten. In der Folge bildet die Kenntnis der Verarbeitung die Basis dafür, dass die betroffene Person die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung überprüfen kann.“

Nach Auffassung des Gerichts, sei es fernliegend bei einem Anspruch auf Datenauskunft ein regelmäßiges Wertinteresse in Höhe von 5.000 Euro festzulegen.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil verdeutlicht die Relevanz eines konkreten Schadens bei einer verspäteten Datenauskunft. Die Darlegung eines Schadens ist eine unerlässliche Voraussetzung. Es sollte berücksichtigt werden, dass sich bei Schadensersatzklagen aufgrund einer verspäteten Auskunft, die Darlegung im Rahmen eines Prozesses schwierig gestalten kann.

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  • Habe ich es richtig verstanden, dass bei Erteilung einer sehr verspäteten oder gar keinen Auskunft für den Anspruchsberechtigen grundsätzlich kein Schadenersatz gewährt weden kann? Sanktionen finanzieller Art werden seitens der Aufsichtsbehörde offenbar auch nicht verhängt. Dann könnten mansche Unternehmen es aussitzen.

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