Die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine steht unmittelbar bevor und hat – angeheizt durch alte Diskussionen – neben Fans und Anhängern der Fußballspielerei wieder einmal die Datenschützer auf den Plan gerufen. Und so verbindet Fußball eben doch – und wenn es nur in Fragen der Gesichtserkennung in Fußballstadien oder der elektronischen Fußfesseln für Hooligans ist…
Der Inhalt im Überblick
Die Ausgangslage der erneuten Diskussion
Wie wohl hinlänglich bekannt, ist es in letzter Zeit des Öfteren zu Ausschreitungen in Fußballstadien gekommen. Aus diesem Grund sind bereits zuhauf Stadionverbote erteilt worden – und das sowohl für einzelne Stadien als auch für das gesamte Bundesgebiet.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, bestimmte Personen in der sogenannten Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ zu erfassen. Hierin waren im März 2009 knapp 11.000 Personen eingetragen – und zusätzlich Informationen zu diesen, wie etwa etwaige politische Meinungen.
Das prekäre an dieser Datei ist vor allem der Umstand, dass sie nicht nur Daten von bereits rechtskräftig verurteilten Personen beinhaltet, sondern von allen, die jemals in Zusammenhang mit einer sportlichen Veranstaltung mit der Polizei in Berührung gekommen sind. Erfasst sind also Beziehungen zu Personen, Institutionen, Örtlichkeiten, Ereignissen und Sachensowie eine „Gruppenzugehörigkeit“. Die Erfassung in dieser Verbunddatei kann wiederum für den Betroffenen unter anderem ein Stadionverbot zur Folge haben. Während das Verwaltungsgericht Hannover und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg wegen fehlender Rechtsgrundlage die Rechtswidrigkeit der Datei feststellten, wies das Bundesverwaltungsgericht die Klage zurück – denn Pünktlich zum Urteil trat eine neue Rechtsgrundlage in Kraft.
Gesichtsscanner und Datenabgleich
Die bisherigen Möglichkeiten, Fans und solche, die vorgeben Fans zu sein, zu kontrollieren und zu überwachen, waren allerdings nicht genug. Denn zu Ausschreitungen und Gewalttaten in Verbindung zu Fußballspielen kam es schließlich trotzdem. Also sprach sich der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Lorenz Caffier laut fr-online.de dafür aus, künftig Gesichtsscanner in Fußballstadien einzusetzen, wie es schon einmal in Karlsruhe getestet werden sollte. So könnten nicht nur die Gesichter der Besucher erfasst, sondern diese auch noch mit den Daten der Verbunddatei Gewalttäter Sport abgeglichen werden. Ein Entkommen wäre demnach nicht mehr möglich – sowohl für mutmaßlich schuldige als auch gänzlich unschuldige Besucher der Stadien.
Genau da setzt die Kritik der Datenschützer an. So äußerte Datenschützer Thilo Wichert laut spiegel.de massive Bedenken gegen die generelle Datenerhebung in Form des Gesichtsscannens und der daraufhin stattfindende Datenabgleich, da
„nicht nur Gewalttäter betroffen wären, sondern in der Hauptzahl unschuldige und unverdächtige Personen, die sich ein Fußballspiel anschauen wollen. Es bestehe eine hohe Gefahr von falschen Treffern, aus denen wiederum unangenehme polizeiliche Maßnahmen entstehen könnten.“
So fand der Vorschlag Caffiers keine Mehrheit. Vielmehr soll laut Pressemitteilung des Ministeriums für Inneres und Sport die Sicherheit in Stadien durch Prüfung der Personalisierung von Tickets verbessert und die Fanarbeit verstärkt werden.
Geotracking durch Fußfesseln
Noch nicht vom Tisch ist laut heise-online.de allerdings der vom Generalbundesanwalt Range unterbreitete Vorschlag, die Stadionverbote mittels elektronischer Fußfesseln durchzusetzen. Dieses Thema war zuletzt im Rahmen von freigelassenen Sexualstraftätern diskutiert worden.
Argumentiert wird seitens des Generalbundesanwaltes mit der fehlenden Durchsetzbarkeit von Platzverweisen und Stadionverboten. Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte hingegen weist auf fehlende Rechtsgrundlagen für diese Maßnahme der elektronischen Aufenthaltsüberwachung hin:
„Aufgrund des erheblichen Grundrechtseingriffs der „elektronischen Fußfessel“ – die sämtliche Bewegungen überwacht – ist diese nur unter strengen Voraussetzungen für wenige Einzelfälle der Schwerstkriminalität rechtlich zulässig.“
Zur Zeit käme für eine solche Maßnahme lediglich § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB in Betracht – der allerdings nur für verurteilte Personen gilt und einen abschließenden Katalog von Weisungen enthält. Für die elektronische Fußfessel zur Durchsetzung eines Platzverweises – dem nur in den seltensten Fällen eine Verurteilung vorausgehen dürfte – findet sich allerdings keine Rechtsgrundlage.
Fazit
Auch wenn das Bedürfnis nach Sicherheit in Anbetracht von Ausschreitungen im Rahmen von Fußballspielen verständlich und nachvollziehbar ist, so dürfen dennoch die Rechte der Betroffenen nicht außer Acht gelassen werden.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Grundrecht, in welches nur aufgrund einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht, eingegriffen werden darf (Volkszählungsurteil, BVerfGE 65, 1). Außerdem ist – und gerade das sollte in diesem Kontext nicht außer Acht gelassen werden – der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.