Viele Unternehmen haben es sich zur Gewohnheit gemacht, ihre Kunden nach Vertragsdurchführung um ein Feedback zu bitten. Der BGH hat sich bislang noch nicht zur Frage geäußert, ob es sich dabei um Werbung handelt und ob diese einwilligungspflichtig ist. Im folgenden Beitrag informieren wir Sie über den aktuellen Diskussionstand und zeigen Möglichkeiten der praktischen Umsetzung auf.
Der Inhalt im Überblick
So sieht die Rechtsprechung den Begriff „Werbung“
Werbung im Sinne von § 7 UWG ist jede Maßnahme, die nach objektiver Betrachtung der Absatzförderung dient, wobei es ausreicht, dass die Handlung mittelbar auf Absatzwerbung gerichtet ist.
Allgemein übliche Vorgehensweise?
In einem bisher alleinstehenden Urteil verneinte das Landgericht Coburg die Werbeeigenschaft einer Bewertungsanfrage. Es handele sich
„zumindest nicht überwiegend um eine Werbemaßnahme, sondern auch und vor allem um eine Zufriedenheitsanfrage und Kundenservice, die der Verbesserung der Abläufe bei der Beklagten und dem Abstellen von Mängeln dienen soll.“
Die Coburger Richter stellten unter anderem darauf ab, dass der Versand von Feedbackanfragen eine allgemein übliche Vorgehensweise sei. Diesem Urteil sollte nicht gefolgt werden. Es ist offensichtlich, dass eine Vorgehensweise nicht schon dadurch rechtskonform werden kann, dass sie allgemein üblich ist. Mit dieser Argumentation müssten sowohl Steuerhinterziehung wie auch Versicherungsmissbrauch oder Ladendiebstähle unter Jugendlichen aufgrund ihrer Häufigkeit straflos werden.
Zweck der Bewertungsanfrage?
Zu welchem Zweck stellt man eine Bewertungsanfrage an einen Kunden, wenn nicht zu dem, Kundenbindung zu betreiben? Welchem Zweck dient die Verbesserung der Abläufe und dem Abstellen von Mängeln in einem Unternehmen, wenn nicht dem, in Zukunft attraktiver auf den bisherigen und andere Kunden zu wirken?
Wenn die Bewertungsanfrage
„der Informationsbeschaffung zur Vorbereitung einer kundengerechteren Abwicklung der Geschäfte“
dient, folgt daraus die Steigerung des Absatzes. Denn durch eine Bewertung erhält das Unternehmen Informationen, anhand derer bisherige Schwächen in der Vertragsabwicklung erkennbar und dadurch behebbar werden. Bei einer Veröffentlichung führen positive Bewertungen auch zu einer Steigerung der Buchungen.
Der Kunde bekommt außerdem den Eindruck, dass der Unternehmer sich weiterhin um ihn bemüht, bemerkte 2012 schon das OLG Köln.
Ein Jahr bekräftigte das OLG Köln, dass jede Kontaktaufnahme mit dem Zweck, die Dienstleistungsfreundlichkeit des Unternehmens zu untermauern, als Werbung zu werten ist. Zwar lagen beiden Urteilen Anfragen per Telefon zugrunde. Das gleiche muss jedoch auch für E-Mail gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gelten, da für das Tatbestandsmerkmal Werbung nicht zwischen den Vertriebswegen zu unterscheiden ist. Das LG Hannover ist ebenfalls der Auffassung, dass eine Bewertungsaufforderung per E-Mail einem Werbeschreiben gleichzustellen ist. Umfragen zu Meinungsforschungszwecken lassen sich ohne weiteres als Instrumente der Absatzförderung einsetzen und haben deshalb werblichen Charakter.
Entfällt das Erfordernis zur Einwilligung?
Schwierig zu beurteilen ist, ob Bewertungsanfragen per E-Mail oder Telefon unter die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG fallen. Die folgenden Voraussetzungen müssten zusammen erfüllt sein; schon das Wegfallen eines Punktes hätte zur Folge, dass die Ausnahmeregelung nicht mehr anwendbar ist.
- ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne das hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Einerseits kann man argumentieren, dass schon keine ähnliche Ware vorliegt, da Bewertungsanfragen sich nicht auf ein bestimmtes Warensortiment beziehen. Dies trifft sicherlich auf Fälle zu, in denen in der Bewertungsanfrage nur die Umstände der Vertragsabwicklung abgefragt werden. Beispielsweise wie schnell der Versand war, ob sich der Kunde gut betreut gefühlt hat etc. Dadurch soll die Kundenbindung gestärkt und die generelle Attraktivität des Anbieters erhöht werden.
Andererseits wird häufig nach der konkreten Leistung gefragt. So soll bei Hotelbuchungen meist der Aufenthalt an sich und die Sauberkeit der Räume bewertet werden. Solche Fragen sind direkt auf die Leistung und nicht lediglich auf die Begleitumstände gerichtet. Hier könnte man vertreten, dass dadurch eine wiederholte Buchung der gleichen Leistung beworben wird. Vor allem Geschäftskunden buchen oft das gleiche Hotel, wenn sie auf gute Erfahrung zurückblicken können. Dies müsste unter Nr. 2 fallen, denn wo nur eine Ähnlichkeit verlangt wird, erfüllt die Gleichartigkeit das Tatbestandsmerkmal erst recht.
Die Entscheidung, welche Auffassung zu bevorzugen ist, kann hier nicht getroffen werden und ist wohl – wie so oft – einzelfallabhängig.
Empfehlung für die Praxis
Aufgrund dieser unsicheren Rechtslage ist Unternehmern anzuraten, den sicheren Weg zu wählen. Anbieter von Waren oder Dienstleistungen sollten unter dem Bestell- bzw. Buchungsformular eine Möglichkeit zum Opt-In mit Hinweistext bereitstellen, wenn sie im Nachgang eine Bewertungsanfrage verschicken möchten. Der Text könnte folgendermaßen lauten:
[ ] Ich möchte (innerhalb einer Woche) nach Durchführung der Veranstaltung/ nach meinem Aufenthalt/ nach Erhalt der Ware/… eine E-Mail mit einem Bewertungsformular erhalten. Sollte ich dieses Bewertungsformular nicht ausgefüllt zurücksenden, entstehen für mich keine Nachteile.
[ ] Ich möchte (innerhalb einer Woche) nach Durchführung der Veranstaltung/ nach meinem Aufenthalt/ nach Erhalt der Ware/… angerufen werden, um eine Bewertung der Veranstaltung/… abzugeben. Sollte ich keine Bewertung abgeben, entstehen für mich keine Nachteile.
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