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Vorratsdatenspeicherung: Kommission stellt EU-Richtlinie auf den Prüfstand

Vorratsdatenspeicherung: Kommission stellt EU-Richtlinie auf den Prüfstand

Die Bundesregierung hat die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung – auch nachdem ihr die EU-Kommission Ende Oktober eine nochmalige Frist von zwei Monaten gesetzt hatte – nicht umgesetzt. Damit dürften sich die Diskussionen im Zusammenhang mit der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die nicht nur zu Diskrepanzen zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission, sondern auch zu Streitigkeiten innerhalb der Koalition geführt haben, erneut verschärfen.

Erster Versuch des Gesetzgebers wurde gekippt

Seitdem das Bundesverfassungsgericht im März 2010 den deutschen Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, der die anlasslose Speicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten für sechs Monate zum Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung regelte, kippte, konnte sich die Koalition in den vergangenen 22 Monaten auf keinen neuen Kompromiss einigen. Neben dem Vorwurf, dass durch die Nichtumsetzung der Richtlinie vorsätzlich gegen europäisches Recht verstoßen worden sei, wird der Bundesregierung angelastet, damit die Verhängung von Strafgeldern in Millionenhöhe zu provozieren.

Vertragsverletzungsverfahren bereits eingeleitet

Die EU-Kommission hat die erste Hürde für die Durchführung eines Vertragsverletzungsverfahrens bereits genommen, indem sie die Bundesregierung im Juni 2011 zu einer Stellungnahme über die Nichtumsetzung aufgefordert hat. Der EU-Kommission ist es nunmehr möglich, ein Verfahren gegen die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof anzustrengen.

Inhalte stehen zur Disposition

Ob es auch dazu kommen wird, scheint indes äußerst fraglich. Die EU-Kommission hat in der Zwischenzeit nämlich selbst eine kritische Haltung gegenüber der Richtlinie eingenommen. Sie ließ im vergangenen Jahr eine schriftliche Befragung aller 27 Mitgliedsstaaten durchführen und veranstaltete sog. Stakeholder-Hearings. In diesen wurde den Stakeholdern, wie beispielsweise Datenschutzbehörden und Industrievertretern, in Anhörungen Gelegenheit gegeben, ihre Erfahrungen und Probleme im Zusammenhang mit der Richtlinie zu schildern.  Dabei resümierte die EU-Kommission, dass es ihr für die Evaluierung an Unterstützung der Mitgliedstaaten fehle. Es hätten nur elf Mitgliedstaaten Daten zur Verfügung gestellt, die einen Mehrwert der Richtlinie nahelegten. Dabei sei der Eindruck entstanden, dass die Vorratsdatenspeicherung für die Sicherheit und die Strafverfolgung wenig bringe.

Kritik an der Umsetzung in den nationalen Gesetzen

Als Ergebnis der Untersuchungen konstatierte die EU-Kommission auch, dass es eine Reihe von Punkten gibt, die sich in der gegenwärtigen Umsetzung der Richtlinie als problematisch herausstellen und regelungsbedürftig sind. Dabei handelte es sich unter anderem um Aspekte wie eine fehlende einheitliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten sowie den Umstand, dass es weiterhin an einer einheitlichen Definition einer „schweren Straftat“ fehlt. Auch das Fehlen einer klaren Zweckbindung zur Speicherung wurde als nicht hinnehmbar befunden.Bedenken ergaben sich ferner in Bezug auf mangelnde Vorgaben zur Datensicherheit. Insgesamt würde die Richtlinie keine Gewähr dafür bieten, dass die Daten in vollem Einklang mit dem Recht auf Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten gespeichert, abgefragt und verwendet werden.

Überarbeitung der Richtlinie für Juni 2012 erwartet

Das soll sich nun ändern. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat eine Überarbeitung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung angekündigt. Die Kommission hat zu diesem Zwecke aktuell zwei Studien eingeleitet, die alternative – weniger grundrechtsintensive – Regelungsmöglichkeiten zur bestehenden Richtlinie aufzeigen sollen. Bei der Überarbeitung soll auch das Urteil des BVerfG vom März 2010 berücksichtigt werden. Ein entsprechender Entwurf einer überarbeiteten Richtlinie wird im Juni 2012 erwartet.

Abwarten was kommt

Bedenkt man vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, dass derzeit mehr als 50 Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel gegen die Bundesrepublik anhängig sind und bislang noch nie ein Zwangsgeld verhängt worden ist, dürfte das Risiko eines harten Vorgehens aus Brüssel überschaubar sein.

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