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Vorratsdatenspeicherung light – zulässiger Kompromiss oder Rechtsverletzung?

Vorratsdatenspeicherung light – zulässiger Kompromiss oder Rechtsverletzung?

Eine umfassende Vorratsdatenspeicherung – und das ohne Anlass – kann keine zulässige Maßnahme sein. Das war bis jetzt die einhellige Meinung aller im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Doch nun ist das Thema Vorratsdatenspeicherung wieder einmal auf dem Tisch. Anfang der Woche legte das Bundesjustizministerium ein Eckpunktepapier zur Vorratsdatenspeicherung vor, welches seitdem für Gesprächsstoff sorgt.

Der Hintergrund: Die EU-Richtlinie

Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zur Umsetzung der EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie von 2006 komplett aufgegeben. Die Richtlinie, die die Vorratsdatenspeicherung erlauben sollte, verpflichtete die EU Mitgliedstaaten, Betreibern von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten die Speicherung individueller Kunden-, Verbindungs- und Standortdaten für einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren vorzuschreiben.

Auch die anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben die Richtlinie nicht umgesetzt und teilweise sogar für verfassungswidrig erklärt. Es wird insofern zu Änderungen der Richtlinie kommen, die aber noch nicht vorhersehbar sind.

Der neue Vorschlag der FDP: Ein Kompromiss?

Das Eckpunktepapier zur Vorratsdatenspeicherung stellt jetzt einige Lösungsansätze vor, die – laut des Papiers – gerade die unterschiedslose Speicherung der Verkehrsdaten vermeiden soll. Im Vordergrund soll stehen, dass nur die Daten derjenigen Personen gespeichert werden, die einen hinreichenden Anlass dazu gegeben haben.

Konkret wird vorgeschlagen:

  1. Die bei den TK-Unternehmen aus geschäftlichen Gründen (§ 96 TKG) bereits vorhandenen Verkehrsdaten werden anlassbezogen gesichert und stehen den Strafverfolgungsbehörden unter Richtervorbehalt eine begrenzte Zeit zur Verfügung.
  2. Im Internetbereich erfolgt eine eng befristete Speicherung von Verkehrsdaten zu dem Zweck, Bestandsdatenauskünfte, d.h eine Zuordnung dynamischer IP-Adressen zu Personen, insbesondere zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet zu ermöglichen.

Das „Einfrieren“ der Daten: „Quick Freeze Plus“

Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger spricht laut sueddeutsche.de von einem „einfrieren“ der Daten. „Quick Freeze Plus“ wird es genannt, wenn Strafverfolgungsbehörden glauben, bestimmte Telekommunikationsdaten könnten Ermittlungen vorantreiben und sie deshalb die Löschung durch eine Anordnung verhindern. Das „Plus“ in dem Eckpunktepapier bedeutet jetzt: die Information wird 7 Tage gespeichert. Die Speicherung erfolgt beim Telekommunikationsunternehmen, nicht beim Staat.

Dies entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und sei ein „grundrechtsschonender Ansatz“, so die Bundesjustizministerin. Der Hannoveraner Staatsanwalt Dieter Kochheim hatte bei Spiegel online zuvor Quick Freeze ohne Plusvariante als bedrohlicher als die Vorratsdatenspeicherung bezeichnet:

„Nur wenn der Staat ständig diese Aufnahme-Taste drücken, also jedwede Internet- und Telekommunikation per se als verdächtig einstufen würde, könnte er mit „Quick Freeze“ auch die strafrechtlich relevanten Daten mitschneiden. In so einem Orwell-Staat möchte ich nicht leben.“

Datenschutz vs. Vorratsdatenspeicherung

Datenschutzrechtlich gesehen ist auch die Vorratsdatenspeicherung light problematisch – denn die obersten Grundsätze des Datenschutzes, nämlich die Datensparsamkeit und der Zweckbindungsgrundsatz, entsprechen nicht dem, was die Vorratsdatenspeicherung will, nämlich personenbezogene Daten zu speichern, ohne dafür einen bestimmten Grund zu haben. Ob ein konkreter Tatverdacht, also ein tatsächlicher Grund für das „Quick-Freeze“ erforderlich ist, geht aus dem Eckpunktepapier zudem auch nicht hervor.

Lösung erstmal nicht in Sicht

Der Union gehen die Vorschläge der Bundesjustizministerin noch nicht einmal weit genug. Damit machten sie sich gerade bei den strikten Gegnern der Vorratsdatenspreicherung keine Freunde. Beim gestrigen Koalitionsausschuss sollte eigentlich ein Kompromiss ausgehandelt werden – allerdings wollte sich dann wohl gestern doch niemand an dieses heikle Thema wirklich heranwagen. Eine Lösung ist also weiterhin nicht in Sicht. Es bleibt abzuwarten, wo die Reise am Ende hingehen wird…

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