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Wo Richter drauf steht, muss nicht richtig drin sein – Richterrecht und Datenschutz

Wo Richter drauf steht, muss nicht richtig drin sein – Richterrecht und Datenschutz

Auskunftsersuchen sind keine Seltenheit, zudem bei Unternehmen, die selbst Endkundendaten verarbeiten und daher auch gegenüber diesen z.B. nach § 34 BDSG zur Auskunft verpflichtet sind. Etwas ganz anderes ist es allerdings, wenn von einem Gericht Auskunft verlangt wird – und dass beim Arbeitgeber über einen Arbeitnehmer.

Das etwas andere Auskunftsverlangen

Was neulich noch ein uniformierter Polizist versucht hatte, erfolgte dieses Mal durch „eine Etage höher“: Ein Amtsgericht fragte beim Arbeitgeber an – über eine Arbeitnehmerin.

Der Wortlaut:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen des hier geführten Verfahrens wird angefragt, ob Frau… im Rahmen Ihrer Tätigkeit als… mit … zu tun hat.

Mit freundlichem Gruß

Richter am Amtsgericht“

Im Namen des … Richters?

Und wie es der gesetzestreue Bürger so tut, so wollte es auch der Arbeitgeber tun: nämlich Auskunft über die angefragte Tätigkeit geben. Denn schließlich ist es doch das Gericht, das anfragt, das Delikt, um das es da zu gehen scheint, auch kein Kavaliersdelikt und überhaupt – die wissen schon, was sie tun…

… oder auch nicht. Das Schreiben enthielt weder eine Rechtsgrundlage, aufgrund derer das Amtsgericht selbst berechtigt war, die gewünschte Auskunft anzufordern, noch eine solche, die den Arbeitgeber verpflichtete, die Auskunft zu erteilen.

„Das haben wir schon immer so gemacht…“

Bei telefonischer Nachfrage zur Rechtsgrundlage aufgrund derer der Arbeitgeber zur Auskunft verpflichtet ist, die eigentlich gemäß § 13 I a BDSG schon in dem Auskunftsersuchen hätte genannt sein müssen, folgten die Worte

„Rechtsgrundlage? Das haben wir schon immer so gemacht und bis jetzt hat auch immer jeder geantwortet…“

(Es wäre spannend zu sehen, wie besagter Richter bei selbiger Aussage eines Angeklagten verfahren würde…) Letztlich wurde nach einigem Suchen aber dann doch noch eine Norm aus der Strafprozessordnung (§ 453 b StPO) genannt. Diese gibt dem Gericht vor, während der Bewährungszeit die Lebensführung des Verurteilten zu überwachen, namentlich die Erfüllung von Auflagen und Weisungen.

Rechtgrund(los)

Die genannte Vorschrift allein begründete allerdings noch keine Auskunftspflicht des Arbeitgebers über seine Arbeitnehmerin, da keine Mitwirkungspflichten Dritter (mit Ausnahme der Staatsanwaltschaft und der Bewährungshilfe) beschrieben sind.

Bei der gewünschten Auskunftserteilung, handelt es sich aus der Sicht des Arbeitgebers um eine Datenübermittlung an einen Dritten im Sinne von § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG. Für diese ist gemäß § 4 I BDSG stets eine Rechtsgrundlage (oder die Einwilligung des Betroffenen) erforderlich.

Als eine solche Rechtsgrundlage könnte im vorliegenden Fall § 28 II Nr. 2 BDSG in Betracht kommen, als berechtigtes Interesse wiederum die Verpflichtung des Gerichts aus § 453 b StPO fungieren, die Lebensführung der Arbeitnehmerin zu überwachen. Diesem gegenüber steht das Interesse der Arbeitnehmerin, die gewünschte Information nicht weiterzugeben. Bei der Betrachtung eines etwaigen schutzwürdigen Interesses muss auch die Art der Daten, die übermittelt werden sollen, berücksichtigt werden.

Fazit

Nur weil „Richter“ drauf steht, muss nicht „richtig“ drin sein. Im Zweifel sollten solche Auskunftsersuchen nicht per se beantwortet werden, sondern man sollte sich eher an den Datenschutzbeauftragten wenden. Wenn es eine Verpflichtung zur Auskunft geben sollte (abhängig von Einzelfall und Gesetz), so muss auch ein Gericht bei einem Wunsch auf Auskunftserteilung diese nennen. Und nur, weil es schon immer so geklappt hat, muss es die Sache nicht richtiger machen.

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