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Bestimmtheit eines Unterlassungsanspruchs

Bestimmtheit eines Unterlassungsanspruchs

Das OLG Dresden (Az. 4 W 239/21) hat sich mit der hinreichenden Bestimmtheit eines Unterlassungsanspruchs auseinandergesetzt. Es genügt demnach nicht, dem Antragsgegner ohne weitere Konkretisierung zu untersagen, personenbezogene Daten ohne eine vorliegende Einwilligung oder sonstigen Rechtfertigungsgrund zu verarbeiten. Was Hintergrund des Beschlusses war, lesen Sie hier.

Worum ging es in dem Verfahren?

Die Parteien sind Mitglieder der XXX und gehören zum Kreisverband Z. Der Antragsgegner ist Vorsitzender des Vorstandes des Kreisverbandes. Der Antragsteller war Mitglied der XXX bestehenden WhatsApp-Gruppe. Diese Gruppe bestand aus 26 Mitgliedern. Im Vorfeld der Aufstellungsversammlung der sächsischen Landeskandidaten für den Bundestag erfolgte in dieser Gruppe ein Austausch. Der Antragsgegner war nicht Mitglied dieser Gruppe. Er berichtete in einer E-Mail ca. 250 Mitgliedern der XXX von der Aufstellungsversammlung. Hierbei fügte er der E-Mail einen Screenshot des Chatverlaufs der WhatsApp-Gruppe, der der Antragsgegner angehörte, bei.

Ansicht des Antragstellers

Der Antragssteller wendet sich mit der Ansicht, dass der Antragsgegner nicht berechtigt gewesen sei, seine höchstpersönlichen Daten in Form seines vollständigen Namens und des Inhalts der privaten Kommunikation sowie seine Telefonnummer, ohne seine Einwilligung weiterzugeben. Die Datenweitergabe können seinen Ruf enorm schädigen. Es läge ein Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht vor. Dem Antragsgegner sei es bekannt gewesen, dass der Chat-Verlauf in keiner Weise für die Öffentlichkeit vorgesehen war und das Nachrichten in der geschlossenen Chat-Gruppe vertraulich seien.

Antragsgegner & das Landgericht Zwickau

Der Antragsgegner vertritt die Meinung, dass das Unterlassungsbegehren schon unzulässig sei, da es lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergebe. Zudem sei der Antrag zu weit gefasst. Das Landgericht Zwickau hat im Vorfeld, den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 23.03.2021 zurückgewiesen. Das Gericht sah den Antrag als inhaltlich zu unbestimmt und unzulässig an.

Sofortige Beschwerde

Hiergegen lag der Antragsteller beim OLG Dresen sofortige Beschwerde ein. Das Gericht sei zu Unrecht von einer Unbestimmtheit des Antrags ausgegangen. Es sei deutlich, dass der Antragsgegenstand die streitgegenständliche E-Mail sei. Dies begründete der Antragssteller damit, dass er im Rahmen seines Unterlassungsantrags auf die streitgegenständliche E-Mail Bezug genommen hat:

„Durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete E-Mail mit dem Wort „wie“ werde deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete E-Mail vom 08.02.2021 sein solle.“

„Personenbezogene Daten“ und „sonstiger Rechtfertigungsgrund“ zu unbestimmt

Das OLG Dresden hat in seinem Beschluss bestätigt, dass das Landgericht Zwickau den Antrag des Antragstellers zu Recht für zu unbestimmt und damit unzulässig erachtet hat:

„Ein Unterlassungsantrag muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind und der Beklagte erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und welche Unterlassungspflichten sich aus einer dem Unterlassungsantrag folgenden Verurteilung ergeben; die Entscheidung darüber, was den Beklagten verboten ist, darf grundsätzlich nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden.“

Aus dem Antrag werde nicht erkennbar, welche Unterlassung der Antragsteller begehrt. Die Begriffe „personenbezogene Daten“ und „sonstiger Rechtfertigungsgrund“ seien zu unbestimmt. Er habe nicht dargelegt, um welche konkreten Daten es sich handelt:

„Der Antragsteller hat in seinem Unterlassungsantrag begehrt, dem Antragsgegner zu untersagen, seine personenbezogenen Daten ohne seine Einwilligung oder sonstigen Rechtfertigungsgrund gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO zu verarbeiten. Hier sind schon die Begriffe „personenbezogene Daten“ und „sonstiger Rechtfertigungsgrund“ zu unbestimmt. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, um welche konkreten Daten es sich handelt, deren Verarbeitung untersagt werden soll. Die Einschränkung, dass diese nicht ohne einen „sonstigen Rechtfertigungsgrund“ gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO verarbeitet werden dürfen, erfordert eine rechtliche Bewertung des Vollstreckungsorgans, ob ein solcher Grund vorliegt. Dies gilt ebenso für die Prüfung der Frage, ob eine „Einwilligung“ des Antragstellers vorliegt. Schon aus diesen Gründen ist der Antrag zu unbestimmt.“

Zudem ging das Gericht im Rahmen der Gründe darauf ein, dass im Unterlassungsantrag der Wortlaut des Art. 4 Ziffer 2 DSGVO wiedergegeben wurde. Dort ist der Begriff der „Verarbeitung“ definiert. Der Antragsteller hat den Inhalt der streitgegenständlichen E-Mail nicht wiedergegeben. Er hat lediglich auf die E-Mail Bezug genommen, dies genüge nicht:

„Auch hier wird nicht angegeben, welche konkrete Verletzungshandlung vorliegt, die dem Antragsgegner untersagt werden soll. Das Bestimmtheitsgebot ist zwar gewahrt, wenn der Antragsteller lediglich ein Verbot der Handlung begehrt so wie sie begangen worden ist. Das wird regelmäßig mit der Wiedergabe der verbotenen Äußerung im Antrag erreicht. Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller aber den Inhalt der E-Mail vom 08.02.2021 nicht wiedergegeben, sondern lediglich mit den Worten „wie geschehen“ auf sie Bezug genommen und den Betreff der E-Mail „Bericht über die Aufstellungsversammlung am vergangenen Wochenende“ wiedergegeben.“

Der Screenshot enthielt 14 Dateien. Hierbei soll sich der Antragsgegner aber nur in zwei kurzen Absätzen mit dem Antragssteller und der Chat-Gruppe befasst haben. Zudem waren in der beigefügten Datei drei Äußerungen des Antragstellers enthalten.

Bedeutung des Beschlusses

Der Beschluss des OLG Dresden zeigt auf, wie bedeutend es ist, einen etwaigen Unterlassungsanspruch hinreichend zu bestimmen. Es genügt bei einem Ausmaß, wie im obigen Fall in keiner Weise, lediglich die Unterlassung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu verlangen. Das im vorliegenden Fall personenbezogene Daten des Antragsstellers verarbeitet wurden, steht außer Frage. Aus datenschutzrechtlicher Sicht wäre es sicherlich interessant zu wissen, wie das Gericht der Offenlegung der Daten in diesem konkreten Fall gegenübersteht. Insbesondere im Hinblick dahingehend, dass angenommen werden kann, dass es sich um die Verarbeitung von besonderen personenbezogenen Daten (politische Meinungen) im Sinne des Art. 9 Absatz 1 DSGVO handelt.

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