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eCall: Bald verpflichtend trotz Risiken und ungeklärter Fragen

eCall: Bald verpflichtend trotz Risiken und ungeklärter Fragen

Bereits im Juli 2012 berichteten wir erstmals über eCall, einem erklärt wichtigen Projekt der Europäischen Kommission im Rahmen der eSafety-Initiative. Danach sollen ab 2015 alle EU-Neufahrzeuge (Autos und Kleintransporter) verbindlich mit einem System ausgestattet werden, dass bei einem Unfall automatisch einen Notruf an die nächstgelegene Rettungsstelle sendet und dabei den Standort, die Fahrtrichtung und den Fahrzeugtyp übermittelt. Zusätzlich erfolgt ein Verbindungsaufbau zur Rettungsleitstelle.

Sicherheit vs. Datenschutz

Die hinter der eCall-Initiative stehende Intention zur Vermeidung von tödlichen Unfallfolgen wegen Zeitverzögerung in der Nothilfekette ist sicherlich ein ehrenswerter Ansatz. Schon in unserem Beitrag vom Juli 2012 und einem weiteren Beitrag vom September 2013 hatten wir uns allerdings kritisch über die Risiken, die die geplante Ausgestaltung der Systeme mit sich bringen, insbesondere das Risiko von Profilbildung und Zweckentfremdung der umfassend aufgezeichneten Telemetriedaten geäußert.

Argumente der Kritiker

Einer der Hauptkritikpunkte vieler Datenschützer, insbesondere auch der Artikel-29-Gruppe waren, dass die eCall-Systeme generell nicht ausschaltbar sind und dass in jedem Fall sichergestellt werden müsse, dass eine Verfolgung und dauerhafte Speicherung der Telemetriedaten nicht erfolgt.

Stand des Verfahrens

Nunmehr ist Bewegung in die umstrittene Initiative gekommen und das Gesetzgebungsverfahren gilt so gut wie abgeschlossen.

Wie heise berichtete, wurde der umstrittene Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom 13.06.2013 (Com (2013)316) mit diversen Änderungsvorschlägen am 26.02.2014 in 1. Lesung mit einer eindeutigen Mehrheit von 485 zu 151 Stimmen (bei 32 Enthaltungen) vom Europäischen Parlament gebilligt.

Überraschend schnell hat am vergangenen Mittwoch auch der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten (Coreper), die ständige Vertretung der Mitgliedsstaaten, seine Zustimmung zum geänderten Verordnungsentwurf erteilt.

Nachbesserung durch das Parlament

Die Parlamentarier haben versucht, die genannten Kritikpunkte aufzunehmen und insbesondere eine Verschärfung der Datenschutzregelungen (Änderungsanträge) vorgeschlagen. So soll nach Antrag 18 die Datenschutzregelung dahingehend ergänzt und konkretisiert werden,

„dass die mit bordeigenen 112-eCall-Systemen ausgerüsteten Fahrzeuge im Normalbetrieb aufgrund des 112-eCall-Systems nicht verfolgbar sind und dass keine dauerhafte elektronische Verfolgung des Fahrzeugs erfolgt, dass der vom bordeigenen eCall-System abgesetzte Mindestdatensatz nur die Mindestinformationen enthält, die für die Bearbeitung von Notrufen durch die Notrufabfragestellen notwendig sind, und dass anschließend keine personenbezogenen Daten gespeichert werden. Hat die von der Datenverarbeitung betroffene Person ihre Zustimmung gegeben oder wurde ein Vertrag zwischen beiden Parteien geschlossen, können andere Bedingungen für ein anderes, zusätzlich zu dem bordeigenen 112-eCall-System in das Fahrzeug eingebautes Notrufsystem gelten, wobei dieses System gleichwohl den genannten Richtlinien entsprechen sollte.“

Ferner drängen die EU-Parlamentarier mit ihren Änderungsvorschlägen darauf, dass das eCall-System allen Verbrauchern kostenlos zur Verfügung stehen müsse.

Die Ratsmitteilung enthält allerdings keinerlei Information darüber, ob und wie diese Vorschläge des Parlamentes in die Einigung zwischen Rat und Parlament eingeflossen sind.

Ungeklärt sind auch weiterhin folgende Fragen:

  • Abschalten des Systems
  • Löschung von Ortungsdaten
  • Verbindung mit privaten Systemen

Wie geht es weiter?

Aufgrund der schnellen Reaktion des Rates müssen nur noch die Volks- und Regierungsvertreter den überarbeiteten Text in den Plenarsitzungen förmlich absegnen. Da dies eher als Formsache gesehen wird, könnte das Gesetzgebungsverfahren noch im April, also vor den Europawahlen im Mai abgeschlossen werden und die neuen Regeln anschließend unmittelbar in Kraft treten.

Auch weiterhin  stellt sich die Frage, ob der Einsatz der eCall-Systeme tatsächlich ausschließlich zur Verbesserung der Notfallhilfe Einsatz finden wird (Gefahr der Zweckentfremdung).

Die Angst ist nicht gänzlich unbegründet!

Wie z.B. die FAZ kürzlich berichtete, gehen Kfz-Versicherer immer öfter dazu über, Ihren Kunden erhebliche Vergünstigungen in Aussicht stellen, wenn sie sich eine Art Black-Box (Telematik-Systeme) einbauen lassen, die neben einer Notruf-Funktion das Fahrverhalten der Fahrer aufzeichnen und an die Versicherer übermittelt. Ganz nach dem Prinzip „Zahle wie du fährst“ oder

Lass Dich überwachen und Du zahlst weniger!

Hierzu könnten durchaus auch die eCall-Syteme verwendet werden. Über den „Kostenfaktor“ wäre dann eine umfassende Überwachung des Fahrverhaltens von Verkehrsteilnehmern in greifbarer Nähe.

Im Netz regt sich Widerstand!

Angesichts der sich über eCall bietenden Zweckentfremdungsmöglichkeiten und den vielfach gesehenen Defiziten wurde zwischenzeitig eine erste Petition gegen die Einführung von eCall-Systemen angestoßen, die darauf hinweist, dass der Verordnungsentwurf in der derzeitigen Fassung noch erheblichen Anpassungsbedarf hat.

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  • eCall ist ein Musterbeispiel für ein Win-Win-Projekt !

    Es gibt fast nur Gewinner:
    – Die Hersteller und Betreiber von eCall-Systemen erhalten durch den Einbauzwang eine satte Subvention.
    – Die Geheimdienste und Polizeien werden schon bald Bedarf anmelden und Zugriff auf die eCall-Daten erhalten.
    – Die Versicherungen werden ebenfalls Bedarf anmelden, um die Risiken besser managen zu können.
    – Die Bürger haben auch nur Vorteile: weniger Versicherungsprämie, schnellere Notrettung, bessere Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung.

    Natürlich muss man zunächst ausschließlich auf das Argument „Menschen leben retten“ setzen. Erst später, wenn eCall unumkehrbar etabliert ist, werden gemäß Salami-Taktik die Zugriffbefugnisse ausgeweitet. Der Umfang der Datenspeicherung wird selbstverständlich ebenso erweitert. Der rudimentäre Notfalldatensatz dient erst einmal als Beruhigungspille. Später wird alles immer und überall gespeichert. Was für tolle Möglichkeiten das bringen wird! Zum Beispiel Bewegungs- und Reiseprofile, Verhaltensanalyse, Echtzeitortung und Normabweichungskontrolle.

    Die Salami-Taktik hat schon beim Bankkontenabrufverfahren sehr gut funktioniert – zur Terrorismusbekämpfung eingeführt, werden jetzt auch bei alltäglichen Sozialleistungen wie BaFöG routinemäßig Konten überprüft.

    Die Kritiker von eCall sind schwach und machtlos. Das ist auch gut so! Die wachen jetzt erst auf und machen Online-Petitionen. Als ob Klick-Aktivismus irgendjemanden beeindrucken würde.

  • Hm…sollten die sowas in mein Auto (wenn ich mal ein neues brauche) einbauen (genau wie sonstige GPS/Galileo/GLONASS-Chips die dazu dienen mich über Satelitten ortbar zu machen, dann werde ich mich mit ner Bohrmaschine und dem Chip eine Runde vergnügen, da ich sowas ja die Höhe finde…ich meine das man nichts gegen Geheimdienste etc. unternehmen kann (da diese ja die Regierungen schon kontrollieren bzw. so viel Macht haben, das sie verhindern können, das Regierungen ihnen zu sehr in die Suppe spucken) ist leider die Wahrheit, was uns alle aber:

    1. nicht daran hindern sollte es zu versuchen (irgendwann ist – wie bei der Franz. Revolution – vielleicht Kritische Masse da)

    2. nicht dazu bringen darf, ihnen die Arbeit ab zu nehmen (einfache Regel: Wenn die was über mich rausfinden wollen, dann sollen sie sich gefälligst mehr anstrengen müssen als nur ein paar Knöpfe drücken!) bzw. diese extrem leicht zu machen!

    mfg

  • Ich finde, dass die Entwicklung der Technologien für die Verbesserung des Lebensqualität der Menschen dienen soll und nicht zur Kontrolle. Es wäre sinvoller den Umfall vorzubeugen zu versuchen, und nicht den Bericht über geschehen zu übermitteln. Ein Distanz / Geschwindigkeitssensor mit Warnsignal kann mehr Leben retten und Kosten sparen. Aber darum geht es nicht, es geht wie immer um den Profit den Lobbyisten. Wo bleibt mein von Gott gegebene Recht über mich selbst zu entscheiden und über meine Handlung zu verantworten? Ich brauche eCall nicht.
    MfG.

  • Ich fahre jetzt LEIDER ein Fahrzeug mit diesen eCall. Leider nicht abschaltbar. Wird dieser Idiotie schon in Karlsruhe verhandelt?
    Ich bin ein absolute Gegner, nur wegen der Datenschutz und die Unfug die sogenannte Dritter hiermit anstellen können.

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