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Homeoffice, Klausuren und Videoüberwachung – Datenschutz: 0 Punkte

Homeoffice, Klausuren und Videoüberwachung – Datenschutz: 0 Punkte

Um das derzeit Corona-bedingt stillgelegte öffentliche Leben in den eigenen vier Wänden nachzuholen, sind kreative Lösungen gefragt. Das dachte sich wohl auch die Bucerius Law School, die juristische Klausuren im Homeoffice unter Videobeobachtung schreiben ließ – dem Internetneuland sei Dank. Gute Idee? Datenschutzrechtlich wohl eher nicht.

Wer anderen eine Grube gräbt,…

…fällt selbst hinein. Im Homeoffice Klausuren schreiben? Genial, dachte sich so mancher Student, wer soll uns da schon beim Spicken erwischen?

Tja, nachdem ein paar gewiefte Studierende meinten, die Bucerius Law School (BLS) an der Nase herum führen zu können, drehte die private Hochschule für Rechtswissenschaft in Hamburg den Spieß um. Nun sind die Klausurschreibenden die Gelackmeierten…

Wait, what? Von Anfang an:

Corona verursacht derzeit Chaos. Es herrschen Verwirrung, Angst – und allem Anschein nach chronischer Klopapiermangel. Nicht nur Biergärten haben geschlossen, nein, auch Bildungsstätten wie Schulen oder Universitäten. Damit die Studenten ihre Klausuren dennoch schreiben können, zeigt die BLS den Viren die kalte Schulter: Egal! Dann eben im Homeoffice.

Ungefähr zwei Wochen ist es her, da durften sich die Studierenden erstmals zuhause einer echten Prüfung stellen. Noch während der Bearbeitungszeit verbreitete sich eine Lösungsskizze der Strafrechtsklausur im Internet. Die Hochschule zögerte nicht lange und wertete den Vorfall als Täuschungsversuch – blöd gelaufen! Keine der Klausuren wurde bewertet.

Und wie ging es weiter? Gemäß einer der Legal Tribune Online vorliegenden, von Seiten der Hochschule bestätigten, internen Rundmail werden die Prüflinge nun zuhause beim Verfassen der Klausuren überwacht. Während der Bearbeitungszeit sollen sich die Klausurschreibenden per Webcam oder Smartphone filmen und die Aufnahmen mittels eines Videokonferenz-Tools übertragen. Ob sich der Prüfling verzweifelt am Kopf kratzt oder tonnenweise Studentenfutter in sich rein kippt – der Prof sieht alles!

Gar nicht old school

Es dürfte wohl der Traum aller vom Studium Gequälten sein, Klausuren ohne die prüfenden Blicke irgendwelcher Aufsichtspersonen zu verfassen. Aber ist es überhaupt zulässig, juristische Uni-Prüfungen im Homeoffice zu schreiben?

Hierzu Herr Meinhard Weizmann, Geschäftsführer der Bucerius Law School:

„Das Landesjustizprüfungsamt Hamburg hat uns gestattet, unseren Studenten dieses Angebot zu machen.“

Dass sich eine Prüfungsbehörde so fortschrittlich zeigt, ist – nun ja – ungewöhnlich. Also woran hat es gelegen? Laut Herrn Weizmann hauptsächlich an der etablierten Prüfungssoftware Wiseflow. Diese Software aus Dänemark werde schon lange weltweit in verschiedenen Fachbereichen genutzt, um online Klausuren stellen zu können. Das Landesjustizprüfungsamt fackelte daher nicht lange.

Ob sich das Landesjustizprüfungsamt nur zum Schreiben der Klausur in den eigenen vier Wänden geäußert hat oder ob es auch die Videoüberwachung in seine Entscheidung einfließen ließ, wird im zitierten LTO-Artikel nicht genau genug beleuchtet. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass sich die Behörde eher nicht so weit aus dem Fenster lehnen würde, auch die Videoüberwachung zu gestatten.

Datenschutz stand nicht auf dem Lehrplan

Den Datenschutzkundigen dürften schon beim Lesen der Überschrift die Haare zu Berge stehen. Wer sich dann auf die Suche nach einer Rechtsgrundlage macht, wird enttäuscht:

Wirksame Einwilligung?

Wäre es möglich, die Videoüberwachung während einer im Homeoffice verfassten Klausur auf die Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO zu stützen? Wenn die Studierenden nichts dagegen haben, wo ist das Problem?

Ganz klar: Eine wirksame Einwilligung setzt Freiwilligkeit voraus. Wer sich gezwungen fühlt, zuzustimmen, kann nicht wirksam weitreichende Ermächtigungen aussprechen. Was passiert denn nun, wenn ein Prüfling entscheidet, nicht videoüberwacht werden zu wollen?

Herr Weizmann betont, dass die Bucerius Law School das Opt Out ermögliche:

„Wem es nicht behagt, sich bei der Klausur zu filmen – und das können wir gut nachvollziehen –, der kann die Klausuren nach der Wiedereröffnung der Hochschule vor Ort nachholen.“

Diese Möglichkeit hätten im Rahmen einer Klausur im Öffentlichen Recht nur acht von 98 Teilnehmern genutzt. Heißt das, 90 Teilnehmer haben wirksam eingewilligt, bei jedem Stirnrunzeln und planlosen Blättern im Gesetzestext gefilmt zu werden? Das ist zu bezweifeln: Zwar kann man über die Motive, weshalb sie zugestimmt haben, nur mutmaßen, wirklich frei von sämtlichen Sorgen und Ängsten scheint die Entscheidung aber nicht gefallen zu sein.

Überlegen Sie mal selbst: Man stellt sie vor die Wahl, eine Klausur, für die Sie womöglich lange gelernt haben, sofort unter Videobeobachtung zu schreiben oder erst irgendwann zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt, dabei jedoch ohne Kamera. Würden Sie das Gelernte bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag wiederholen wollen? Oder wären Sie nicht einfach froh, wenn Sie die Prüfung bald hinter sich haben könnten?

Diese Gedankengänge scheint der Geschäftsführer der BLS zu teilen:

„Die Möglichkeit, Klausuren von zuhause zu schreiben, kann den Studierenden Zeit sparen. Denn aktuell wissen wir nicht, wann Hochschulen wieder öffnen können.“

Zudem: Wenn man die Videoüberwachung ablehnt, macht man sich dann nicht verdächtig, einen Täuschungsversuch begehen zu wollen? Diese Angst könnte ausschlaggebend für die Entscheidung vieler Prüflinge pro Videoüberwachung gewesen sein. Freiwilligkeit sieht anders aus.

Erforderlich zur Erfüllung eines Vertrags?

Diskutieren ließe es sich, das Vorgehen auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO zu stützen. Danach ist die Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist.

Ist es nicht Teil des zwischen Studenten und Hochschule bestehenden Vertrags, den Studierenden das Ablegen der Prüfungen zu ermöglichen? Natürlich, Corona hin oder her. Dennoch: Wenn es unproblematisch möglich ist, die Klausuren zu einem späteren Zeitpunkt vor Ort nachzuholen, weshalb sollte es dann erforderlich sein, die Prüfungen zuhause unter Videobeobachtung abzuhalten? Die Klausuren lassen sich auch ohne Videoüberwachung schreiben – nur eben erst dann, wenn die Hochschule wieder öffnet. Die Parteien haben sich darauf geeinigt, Klausurleistungen anzubieten und abzulegen. Hierzu reicht es, wenn die Hochschule Ersatztermine verbindlich in Aussicht stellt.

Im öffentlichen Interesse?

Die Videoüberwachung während einer Klausur könnte auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO basieren, wenn die Datenverarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt. Die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Hochschulbetriebs ist eine solche Aufgabe.

Um den Fortbestand der im öffentlichen Interesse liegenden Bildung zu sichern, ist es jedoch nicht erforderlich, Klausuren im Homeoffice auf Biegen und Brechen unter Videoüberwachung anfertigen zu lassen – vor allem dann nicht, wenn man sie problemlos nachholen kann.

Berechtigtes Interesse?

Zuletzt käme als Rechtsgrundlage noch Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO in Betracht. Dazu müsste die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich sein, sofern nicht die Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.

Das berechtigte Interesse der BLS liegt wohl darin, für alle Prüflinge dieselben Prüfungsvoraussetzungen zu schaffen: Täuschungen bei Klausuren im Homeoffice darf es nicht geben!

Diese Begründung weist jedoch Schwächen auf. Laut anonymen Klausurteilnehmern werde nur geprüft, ob der Student vor dem Rechner sitze. Was auf dem Bildschirm stehe, werde nicht beobachtet. Das würde auch erklären, weshalb just bei der ersten videoüberwachten Homeoffice-Klausur der Bucerius Law School wieder eine Lösungsskizze während der Bearbeitungszeit online ging. Das führt das Argument der Hochschule doch ad absurdum!

Hierzu Herr Weizmann:

„Uns ist bewusst, dass dabei keine hundertprozentige Kontrolle möglich sein kann.“

Wenn die Videoüberwachung nicht vor Täuschungen schützt, weshalb wird sie dann eingesetzt? Und noch viel wichtiger: Inwiefern überwiegt das Interesse, vielleicht, aber wirklich nur vielleicht Täuschungen verhindern zu können, das Interesse der Prüflinge, in ihrem eigenen Zuhause nicht gefilmt zu werden? Insbesondere, da ein Nachholen der Klausuren möglich ist?

Datenschutzrechtlicher Dilettantismus

Nun könnte man annehmen, die Bucerius Law School sei einfach ein Sonderfall, weil es sich um eine private Jura-Hochschule handele. Staatliche Universitäten und Hochschulen kämen gar nicht auf so eine Idee, oder? Doch. Ein Professor an der Universität Rostock filmte Prüflinge während einer Klausur und projizierte die Bilder an die Leinwand des Hörsaals – um Täuschungen zu verhindern, sowie aus Bequemlichkeit. Okay, dieser Vorfall ereignete sich vor über acht Jahren. Also kein Grund zur Sorge?

Probleme mit dem Datenschutz an Universitäten gibt es immer wieder – kein Wunder, denn Hochschulen sind aufgrund ihrer Forschungen attraktive Angriffsziele für Cyberattacken. Gleichzeitig aber mangelt es ihnen häufig an einer ausreichenden Absicherung ihrer Netze. Datensicherheit, ein Fremdwort?

So wiesen beispielsweise die Hochschulinformationssysteme zahlreicher deutscher Universitäten jahrelang einen Konfigurationsfehler auf, wodurch personenbezogene Daten hunderttausender Studierender öffentlich zugänglich waren. Am 9. März 2020 stellte die HIS Hochschul-Informations-System eG den Universitäten ein Sicherheitsupdate zur Verfügung. Ihrer Verantwortung bewusst, haben das die Hochschulen sicher ganz schnell eingespielt, oder? Jein. Die Universitäten in Bonn, Düsseldorf, Hildesheim und dem Saarland wurden erst am 12. März tätig. Nicht von sich aus – die c’t hatte sie erst auf die Sicherheitslücke hinweisen müssen. Wieso sich auch beeilen? Betraf ja nur über 600.000 ehemalige und derzeitige Studierende der genannten Universitäten… nur die Ruhe!

Wer einen Blick über den großen Teich wirft, gewinnt teils erschreckende Erkenntnisse über die digitale Zukunft unserer Hochschulen. Von im Auftrag der Saint Louis University installierten Amazon Alexa-Geräten in Studentenwohnheimen bis zu durch Bluetooth und einer App getrackten Vorlesungsbesuchern, um die Anzahl der Schwänzenden zu verringern – ein Studentenleben im Überwachungsstaat?

Hochschulen hierzulande stecken in digitaler Hinsicht zwar noch in den Kinderschuhen, der Dilettantismus bei datenschutzrelevanten Fragestellungen greift jedoch schon heute um sich. Videoüberwachte Prüfungen im Homeoffice sind da erst der Anfang (vom Ende).

Update 30.01.2021: Auch Prof. Schwartmann hat sich zwischenzeitlich in einem lesenswerten Interview zu den Rechts(un)sicherheiten von Online-Prüfungen und deren Möglichkeiten geäußert, dass wir Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten möchten. Daneben hat der Lehrstuhl von Prof. Hoeren ein Gutachten für die Rechtliche Ausgestaltung der Videokonferenz-Lehre (nicht Prüfung!) und Zulässigkeit einer Videopflicht in NRW veröffentlicht. Einen Fachaufsatz mit anderer Ansicht von Prof. Fehling, der die Bucerius Law School auch im Anhörungsverfahren der Hamburger Datenschutzbehörde zu dem Thema intern rechtlich beraten hat, finden Sie hier.

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  • Das sich Hochschulen und Universitäten hier nicht besonders viel Gedanken um Datenschutz machen, könnte daran liegen, das gemäß §43 Abs. 3 gegen Behörden und sonstige öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Absatz 1 keine Geldbußen verhängt werden. Wenn also außer einem erhobenen Zeigefinger nix passiert – so what!
    Einerseits ist es verständlich, da die Strafen mit Steuergeldern bezahlt werden würden – bringt also nicht wirklich was. Aber vielleicht sollte man, gerade eben in Behörden und öffentlichen Stellen den Verantwortlichen, wenn es schon keine Geldbußen gibt, mit Gefängnis drohen. Ist aber Wunschdenken, da sie sich selbst bestrafen würden und dass macht keiner freiwillig.

    • Die Lösung in BaWü ist, dass man die einzelnen Beamten mit Bußgeldern belegt. Das halte ich aber auch nur in Ausnahmefällen für sinnvoll (z.B. bei einem Polizist, der einen Expartner stalkt o.ä.). Dass die Datenschutzbehörden keine echten Mittel haben gegen staatliche Stellen ist eine Riesenlücke!

  • Ach, dieser Beitrag ist so schön politisch und in sich widersprüchlich. Das Datenschutzrecht als Abwehrrecht gegen den Staat zu sehen war mal zur Zeit des Volkszählungsurteils passend, in heutiger Zeit ist dies freilich ein Teilbereich, doch findet Datenverarbeitung massiv auch und vor allem bei privaten Unternehmen statt, im Gegensatz zur Autorin ist dies dem Gesetzgeber zum Glück schon aufgefallen. Solch ein Unternehmen ist auch die BLS und ja, auch dort müssen Grundsätze des Datenschutzes beachtet werden. Mit einer pauschalen Verbotsattitüde ohne Augenmaß zementiert man jedoch den schlechten Ruf des Datenschutzes als Verhinderer und Bremser. An alle da draußen, die solch einseitigen Artikeln nur ein Kopfschütteln abgewinnen können: nicht jeder Datenschützer ist innovationsfeindlich!

    Wenn eine Hochschule ihren Studenten die *zusätzliche* Möglichkeit einer Prüfung zuhause anbietet, was für den Prüfling den Vorteil hat, dass er seine bisherigen Lernanstrengungen abrufen kann, dann ist das weder ein K.O.-Kriterium gegen die Freiwilligkeit einer Einwilligung, noch ergibt sich hieraus automatisch ein überwiegendes Schutzinteresse des Prüflings. Ganz im Gegenteil. Der Prüfling hat die Wahl: jetzt im Homeoffice oder später, wie gewohnt, unter ständiger Beobachtung vor Ort. Das hat für den Prüfling erhebliche Vorteile und spricht eher für die Freiwilligkeit der Entscheidung. Wenn jeder diffuse Verdacht einer Abhängigkeitssituation gleich zur Unzulässigkeit führen soll, dann müsste auch jede Terminsetzung einer Prüfung zunächst durch die Ethik-Kommission abgenickt werden, schließlich kann sich der Prüfling auch dem nicht entziehen. Ja, der Student steht in einem Verhältnis zu seiner Hochschule, in welchem die HS potenziell am längeren Hebel sitzt. Das ist aber immer der Fall, nicht nur bei Videoübertragung. Wo ist der Unterschied eines Live-Videostreams zu einer ständigen Prüfungsaufsicht im Prüfungssaal? Der Einsatz moderner Technologie zur Überbrückung der Distanz. Die pauschale Ablehnung erinnert doch stark an Einlassungen von Anwälten und Aufsichtsbehörden, die ein Jobinterview per Videokonferenz für unzulässig hielten, weil man ja das Gesicht des Bewerbers sehen könnte und dies für das Interview nicht unbedingt notwendig und der Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht dienlich sei. Genau, stattdessen soll er lieber 800 Kilometer anreisen, das greift schließlich weniger in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Das Muster wiederholt sich und beschert den aktiven Datenschützern jenseits der Elfenbeintürme leider einen schlechten Ruf als Bremser, Verhinderer und Innovationsfeind. Dagegen wehre ich mich. Die Hochschule hat reagiert auf Fehlverhalten von Studenten, schafft auf Distanz eine Prüfungssituation die der im Hörsaal vergleichbar ist, gibt dem Studenten eine Wahlmöglichkeit, also eine zusätzliche Option, aber all das soll nicht einwilligungsfähig sein? Auch eine Interessenabwägung im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO zugunsten der Hochschule lässt sich ohne weiteres vertreten, schließlich dient die Maßnahme auch der Wahrung gleicher Prüfbedingungen unter den Studenten. Interessant, dass die Autorin ausgerechnet bemängelt, der Bildschirm werde nicht aufgenommen. Das wäre dann also besser, wenn das Pop-Up der privaten Nachricht über Video in die Hochschule geht? Der Student hat die Wahl, nicht am videoüberwachten Termin teilzunehmen. Die Privatheit wird gewahrt, indem der Bildschirm und somit die Entstehung der Klausur oder andere private Dinge nicht videoüberwacht sind. Mit dieser zusätzlich geschaffenen Prüfungsmöglichkeit beweist die BLS nicht nur, dass sie ihren Lehrauftrag ernst nimmt, im Sinne der Lernenden denkt und auch keine Angst hat vor der Nutzung technischer Möglichkeiten, die außerhalb von Hochschulen (oder Deutschlands?) längst etabliert sind.

    Man darf die Bucerius Law School an dieser Stelle herzlich beglückwünschen, dass sie den Rahmen, den die Datenschutzgesetze einer vernunftsgemäßen Entscheidung einräumen, im Sinne aller Beteiligten und Betroffenen situationsgerecht und studentenorientiert genutzt hat. 0 Punkte hingegen gebühren den unsolidarisch handelnden Studenten.

    • Wir freuen uns über jeden Blogkommentar, in welchem eigene, mit Argumenten begründete Meinungen und Ansichten geäußert werden. So ist es auch hier, selbst, wenn wir Ihre Ansicht zum Thema dieses Blogbeitrags nicht teilen können.

      Gerne möchte ich auf Ihre einzelnen Argumente eingehen und erläutern, weshalb diese nicht zutreffen:

      Ziel des Beitrags war es nicht, politische Aussagen zu treffen – vielmehr wurde auf ein datenschutzrechtliches Fehlverhalten hingewiesen. Der Beitrag wäre ebenso kritisch formuliert worden, wenn es sich um eine staatliche Hochschule oder um irgendein Unternehmen gehandelt hätte. Datenschutzrechtlich problematische Handlungen müssen thematisiert werden, egal, von wem sie stammen.

      Ich kann Ihnen versichern, der Autorin ist bekannt, dass das Datenschutzrecht nicht nur den Staat, sondern auch private Unternehmen verpflichtet. Wie Sie zu der Erkenntnis gelangen, dem sei nicht so, ist für mich nicht ersichtlich – insbesondere, weil die Autorin in diesem Beitrag eine PRIVATE Hochschule für ihr datenschutzrechtlich kritikwürdiges Verhalten kritisiert. Wenn zum Ende des Beitrags der Datenschutz an staatlichen Hochschulen beleuchtet wird, dann erfolgte dies der Vollständigkeit halber und auch, um private und staatlich Verpflichtete gleichermaßen mit ihrer Kritik zu tangieren.

      Auch eine pauschale Verbotsattitüde kann ich im Blogbeitrag nicht erkennen, vielmehr wird die darin ausgeführte Ansicht umfassend begründet. Übrigens ist die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich verboten! Sie ist erst dann erlaubt, wenn eine Rechtsgrundlage dies bestimmt. Grundsätzlich von einem Verbot geht damit wohl eher der EU-Gesetzgeber aus, der die DSGVO mit diesem Erlaubnisvorbehalt ausstattete.

      Sie haben Recht: Die im Blogbeitrag dargelegten Begründungen erfolgten ohne Augenmaß – dieses hat bei juristischen Fragestellungen aber auch gar nichts zu suchen! Wer juristische Sachverhalte prüfen möchte, hat diese unter die jeweilige Norm zu subsumieren und im Datenschutzrecht z.B. bei Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO eine Abwägung vorzunehmen. Diese Abwägung erfolgt nach vorgegebenen Kriterien und unter Beachtung der verletzten Grundrechte. Da ist Augenmaß fehl am Platz.

      Datenschutz mag einen schlechten Ruf als Verhinderer und Bremser haben, das ist richtig. Allen Datenschutzkundigen ist bewusst, dass Datenschützer sich an der DSGVO und dem BDSG orientieren müssen – diese Regelungen wurden vom deutschen und dem EU-Gesetzgeber beschlossen. Das Gros der Datenschützer aufgrund ihrer Orientierung an Datenschutznormen zu kritisieren, ist in ungefähr so sinnvoll, wie Richter für niedrige Strafrahmenobergrenzen anzugreifen – beides wird durch die Gesellschaft heutzutage häufig praktiziert, das hat aber nichts mit Fortschritt, sondern vielmehr mit Unkenntnis zu tun! Unsere Autoren beschäftigen sich alltäglich mit Datenschutz. Die Mehrheit der Gesellschaft tut das nicht.

      Datenschützer sind im Übrigen nicht innovationsfeindlich, sondern –hinterfragend. Vorsicht ist besser als Nachsicht. Hat sich eine datenschutzbeeinträchtigende Innnovation in der Gesellschaft erst einmal durchgesetzt, ist diese schwer rückgängig zu machen oder nachträglich zu reglementieren.

      Nun zu Ihren Argumenten hinsichtlich der im Blogbeitrag geäußerten datenschutzrechtlichen Kritikpunkte:

      Das Schreiben der Klausuren im Homeoffice ist selbstverständlich kein K.O.-Kriterium gegen die Freiwilligkeit der Einwilligung. Erforderlich ist stets eine Einzelfallprüfung. Genau dies ist hier geschehen. Ein Schreiben der Klausuren ohne Videoüberwachung wäre weniger problematisch gewesen.
      Auch begründet die Videoüberwachung kein automatisch überwiegendes Schutzinteresse. Das Schutzinteresse hat überwogen, weil zu dem Eingriff in die grundrechtliche geschützte Privatsphäre (das eigene Zuhause!) noch die Tatsache dazukam, dass ein Ersatztermin unproblematisch möglich ist und der eigentliche Zweck der Videoüberwachung, Täuschungen zu vermeiden, gar nicht erfüllt werden kann.

      Den Unterschied zwischen der Videoüberwachung und der Prüfungsaufsicht vor Ort möchte ich Ihnen ebenfalls gerne erläutern:

      In einer Prüfung vor Ort wird man nicht mehrere Stunden hinweg durchgängig beobachtet, weil die Prüfer in der Regel mehrere Studenten beaufsichtigen müssen und nicht genauso viele Prüfer wie Studenten im Klausurraum anwesend sind.
      Bei Videoaufnahmen ist dies anders, insbesondere, wenn diese abgespeichert werden und zu einem späteren Zeitpunkt angesehen werden könnten. Ob dies hier der Fall war, ist unklar. Aber selbst wenn die Überwachung lediglich live erfolgte, ist es technisch möglich, sich mehrere Teilnehmer der Videokonferenz bzw. deren Aufnahmen gleichzeitig anzeigen zu lassen. So hat ein Prüfer gleichzeitig über mehrere Stunden hinweg die Studenten im Blick.

      Bei einer Klausur vor Ort werden keine Videoaufnahmen der privaten Wohnung erstellt, die als Mittelpunkt privater Lebensgestaltung grundrechtlich geschützt wird. Bei einer Überwachung der privaten Räume könnten sich Studenten beeinträchtigt fühlen. Die Einrichtung der Wohnung, das Zusammenleben mit anderen Personen, die Ausübung von Hobbies in privaten Räumen – all das ist privat und könnte zumindest unbewusst bei der Bewertung der Klausur eine Rolle spielen, wenn sich der Korrektor an den Prüfling noch erinnert.

      Einer Prüfung vor Ort kann man sich nicht entziehen. Das stimmt. Vor Ort kann man aber einen Eingriff in seinen grundrechtlich geschützten Mittelpunkt privater Lebensgestaltung vermeiden.

      Dass die Maßnahme ihrem Zweck, gleiche Prüfbedingungen zu gewährleisten, von Anfang an gar nicht gerecht werden kann, weil Täuschungen weiterhin unproblematisch möglich sind, hat die Autorin ausführlich dargelegt. Selbstverständlich bemängelt die Autorin nicht, der Bildschirm werde nicht aufgenommen – sie weist lediglich darauf hin, dass infolge fehlender Bildschirmaufnahme der Zweck der Videoüberwachung gar nicht erfüllt werden kann. Dass der verfolgte Zweck gar nicht erreicht werden kann, wirkt sich auf die Abwägung im Rahmen der Frage, ob das berechtigte Interesse überwiegt oder nicht, aus.

      Ein letzter Hinweis: Es ist ein Trugschluss, zu glauben, etwas wäre erstrebenswert, weil es außerhalb der Hochschulen bzw. Deutschlands etabliert sei. Mit dieser Argumentation müsste man beispielsweise die in China und anderen Staaten etablierte Überwachung gutheißen.

      • Chapeau, Dr. Datenschutz für diese in meinen Augen grandiose – da absolut zutreffende – Stellungnahme zum vorherigen Kommentar. Es verwundert schon, dass der “Datenschutzpraktiker des 21. Jahrhunderts” als Unterschied eines Live-Videostreams zu einer Prüfungsaufsicht im Prüfungssaal den Einsatz moderner Technologie lediglich zur Überbrückung der Distanz ansieht. Wie wäre es vllt noch mit dem großen Knackpunkt: der Verarbeitung personenbezogener Daten?!

        Man kann wirklich nur hoffen, “Datenschutzpraktiker 21. Jahrhundert” arbeitet nicht tatsächlich in der Datenschutzpraxis: falls doch, dann jedenfalls sehr offensichtlich als Nicht-Jurist. Dies würde dann einmal mehr aufzeigen, warum DatenschutzRECHT nicht jeder juristische Laie oder Teilnehmer eines wenige Tage gehenden Seminars praktizieren sollte.

  • Es ist schade, dass die Autorin sich augenscheinlich nicht die Mühe gemacht hat, ihre Quellen (vollumfänglich) zu verwerten. Die Bucerius Law School hat die Videoaufsicht der Klausuren nämlich im Dialog mit dem HmbBfDI eingeführt; die Maßnahme ist nach ausschlaggebender Ansicht der zuständigen Behörde datenschutzrechtlich vollumfänglich zulässig. Ein entsprechender Hinweis im Artikel wäre wünschenswert, um den Sachverhalt korrekt und vollständig darzustellen.

  • Sehr akademische Diskussion. Aber gut, um Datenschutz zu praktizieren muss man wohl Jura studiert haben und damit ist dann wie man weiß der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet. Wenn man ihn wieder einschaltet und trotzdem mal ins Gesetz schaut, dann findet man die Auflagen einer Verfahrensbeschreibung und einer Risikoabschätzung für den Betroffenen. Hier werden also Videodaten erhoben um die ordnungsgemäße Durchführung einer Prüfung abzusichern. Man kann davon ausgehen, das dies zumindest im Interesse des Prüflings geschieht. Die erhobenen Daten werden, was ich vermute, nach der Prüfung wieder gelöscht, es besteht ja kein Grund für eine längere Aufbewahrung. Worin besteht also das Risiko für den Betroffenen? Dieses ist bei der datenschutzrechtlichen Bewertung unbedingt maßgebend und daher mein einführender Hinweis, das diese Diskussion hier eben sehr akademisch und nicht praxisnah geführt wird. Das ist auch meine Kritik an der Anwendung von Datenschutz. Die blinde Anwendung der Buchstaben ohne Augenmaß korrelliert mit zunehmender Realitätsferne der Datenschützer. Und das ist leider der Grund für ein allgemeines Akzeptanzproblem….

    • Ihrem Kommentar entnehme ich diverse Vorbehalte gegenüber Juristinnen und Juristen. Das ist bedauerlich, auch deshalb, weil das DatenschutzRECHT eine juristische Betrachtung und Herangehensweise erfordert. Käme es allein auf einen „gesunden Menschenverstand“ an, wozu dann die DSGVO oder das BDSG? Weshalb Regeln in Normen fassen, wenn der „gesunde Menschenverstand“ einem schon sagt, wo es langgeht?
      Das Kriterium eines „gesunden Menschenverstandes“ ist viel zu ungenau, um rechtliche Problemstellungen lösen zu können – fragen Sie 100 Personen und Sie werden 100 verschiedene Ansichten dargelegt bekommen, was dem gesunden Menschenverstand entspräche. Geradezu gruselig ist die Vorstellung, die vom Gesetz und der Rechtsprechung losgelöste Ansicht einiger Weniger, die sich auf der Seite des gesunden Menschenverstandes wähnen, entscheide über die Eingriffe in die Grundrechte anderer.

      Wie Sie der bereits unter diesem Blogbeitrag veröffentlichten Stellungnahme des Dr. Datenschutz entnehmen können, greift die Videoüberwachung in privaten Räumen bei Homeoffice-Klausuren erheblich in die Grundrechte der betroffenen Personen ein. Der Zweck der Videoüberwachung, Täuschungsversuche zu unterbinden, lässt sich kaum erfüllen. Wenn eine Maßnahme in Grundrechte eingreift, muss sie unter anderem verhältnismäßig sein. An der Verhältnismäßigkeit ist zu zweifeln, wenn die Maßnahme ihr eigentliches Ziel gar nicht erreichen kann.

      Das Risiko für die betroffene Person mag eines der Abwägungselemente datenschutzrechtlicher Prüfungen sein, es gibt jedoch noch viele weitere Aspekte, die bei einer Abwägung zu beachten sind. Diese können Sie in der vorherigen Stellungnahme des Dr. Datenschutz nachlesen. Im Übrigen sind Risiken für die betroffene Person durchaus erkennbar: Die Videoaufnahme könnte bewusst oder unbewusst Einfluss auf die Auswertung der Klausur nehmen. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass die Videoaufnahmen unabsichtlich auch nach der Prüfung aufbewahrt werden. Sie geben ja selbst zu, Sie vermuten, dass die Videoaufnahmen nach der Prüfung gelöscht werden – Sie wissen es aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, nicht wahr?

      Einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu begrüßen, weil es „praxisnah“ erscheine und mit „Augenmaß“ erfolge, ist mehr als rechtlich bedenklich. Wenn dies zur Realität gehören soll, lobe ich mir die angebliche Realitätsferne der Datenschützer.

      • In Ihrem Beitrag erkenne ich diverse Vorbehalte gegenüber Nicht-Juristinnen. Außerdem polarisieren Sie zwischen „juristischer Herangehensweise“ und „gesundem Menschenverstand“. In meinem Beitrag hat beides eine Berechtigung, in Ihrem nicht. Ich habe nicht gesagt, es solle allein auf den gesunden Menschenverstand ankommen, man muss schon auch ins Gesetz schauen. Den Zweck der Datenverarbeitung und auch die Aufbewahrungszeit muss im Verfahrensverzeichnis dokumentiert sein. Da steht es dann. Alles andere ist Spekulation. Sie tun hier so, als würden sie die einzig richtige nämlich juristische Vorgehensweise präsentieren. Aber zum Beispiel ihre Einlassungen zum Thema Freiwilligkeit der Einwilligung, das sind ja letztlich philosophische Mutmaßungen über den freien Willen eines Menschen und wann der festgestellt werden kann, die Sie hier anstellen. Als Jurist können Sie aber nur formal prüfen und nicht spekulieren was alles noch sein könnte. Und dann nochmal zum Risiko, hier nennen Sie die allgemeine Gefahr von Videoüberwachung, aber im konkreten Fall steht die Kamera nicht heimlich im Schlafzimmer des Betroffenen und greift so unzulässig in die Privatsphäre ein. Abschließend zu dem Fall: Ich fände es unverhältnismäßig, wenn man den Studenten die Möglichkeit nimmt, sich für eine videoüberwachte Prüfung zu endscheiden aus irgendwie grundsätzlichen Überlegungen. Da würde dann das Recht, das den Betroffenen schützen soll, zu einem Nachteil werden. Aber das läßt sich dann bestimmt juristisch einwandfrei begründen.

        • Das Datenschutzrecht erfordert eine juristische Herangehensweise. Der „gesunde Menschenverstand“ hat dabei nichts suchen. Wieso das so ist, können Sie meinem vorherigen Kommentar entnehmen. Sofern datenschutzrechtliche Fragestellungen eine Auslegung juristischer Begriffe oder eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordern, erfolgt dies nach festgelegten Kriterien und immer auch orientiert am Gesetz. Eine Auslegung über den Wortlaut hinaus ist unzulässig – das weiß jeder Jura-Erstsemester. Es gibt verschiedene Auslegungsmethoden, z.B. am Wortlaut, am Telos (Sinn und Zweck), der historischen Entwicklung oder an der Gesetzessystematik. Diese Auslegungsmethoden gehen auf Savigny zurück und sind etabliert. Der „gesunde Menschenverstand“ findet sich darin nicht – zu Recht. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist ebenfalls in verschiedene Prüfungspunkte gegliedert (legitimer Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit). Im Rahmen der Angemessenheit wird geprüft, ob der legitime Zweck die Einschränkung der (Grund-)Rechte des Betroffenen rechtfertigt. Hierbei wird der konkrete Einzelfall berücksichtigt, die Auswirkungen auf beiden Seiten, das Maß des Grundrechtseingriffs und vor allem auch, ob der Zweck des Eingriffs überhaupt erfüllt werden kann. Der „gesunde Menschenverstand“ spielt auch hier keine Rolle.

          Die Dokumentation im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten rechtfertigt rein gar nichts, diese dient nur der Wahrung der Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO und ermöglicht damit den Nachweis der Verarbeitung. Der Zweck der Datenverarbeitung und die Aufbewahrungszeit sind vielmehr bereits bei der Frage nach dem Bestehen einer Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (z.B. bei Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO). Gegen ein Überwiegen des berechtigten Interesses spricht z.B., dass der Zweck nicht erfüllt werden kann oder die personenbezogenen Daten auf unbestimmte Zeit aufbewahrt werden. „Da [im Verzeichnis] steht es dann“ ist für die betroffenen Personen vollkommen unzureichend, da intransparent. Wer Daten verarbeitet, hat die Transparenz auch gegenüber dem Betroffenen zu gewährleisten.

          Zum Thema Freiwilligkeit der Einwilligung: Wer diese prüfen und nicht pauschal abhaken möchte, muss sich die Frage stellen, ob es Gründe gibt, weshalb die Einwilligung nicht freiwillig abgegeben worden sein könnte. In Drucksituationen ist an der Freiwilligkeit zu zweifeln. Um die Drucksituation zu bewerten, muss man Überlegungen anstellen. Ohne derartige Überlegungen könnte man die Frage nach der Freiwilligkeit stets nur mit Ja oder Nein beantworten, ohne Begründung. Interessant, dass Sie an dieser Stelle überraschend nicht für einen „gesunden Menschenverstand“, sondern für eine „formale Prüfung“ plädieren. Es ist Teil der formalen Prüfung, die Freiwilligkeit bei Drucksituationen zu hinterfragen. Der „gesunde Menschenverstand“ ist hier übrigens fehl am Platz.
          Die Kamera greift sehr wohl unzulässig in die Privatsphäre ein. Privatsphäre ist nicht auf das Schlafzimmer beschränkt. Hierzu empfehle ich Ihnen den Blogbeitrag zum Thema „Recht auf Privatsphäre – ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt“.

          Zwar hatte die Diskussion mit Ihnen durchaus einige amüsante Momente, es ist jedoch offensichtlich, dass Sie und ich weiterhin völlig divergierende Ansichten vertreten. Aus diesem Grund sollten wir den Meinungsaustausch an dieser Stelle wohl beenden.

  • Können Sie mir bitte bei der Frage weiterhelfen, ob ich während einer mündlichen Prüfung verpflichtet bin, die Kamera eingestellt zu haben, zusätzlich zu dem Mikrofon?

    Zu den FAQ der entsprechenden Prüfung steht: Do I have to be tested with video? The Prüfungsamt has requested that we start the exam with video, so we ask that you come into the room with your camera on.

    Meiner Meinung nach liest sich das nicht wie direkt wie eine bloße Bitte, gleichzeitig verstehe ich es auch nicht als eine Verpflichtung. Liegt es allgemein in meinem Ermessen als Studierender zu sagen, ich möchte lediglich per Mikrofon geprüft werden? Und wenn dies der Fall ist, muss ich das gegenüber den Prüfern begründen?

    Es wäre großartig, wenn Sie hier etwas für Klarheit sorgen könnten!

    Danke und mit Gruß

    • Im Rahmen unseres Blogs können wir keine konkrete Rechtsberatung anbieten. Allgemein ist zu sagen, dass sich viele Konflikte schon dann aus der Welt schaffen lassen, wenn man beim Verantwortlichen nachfragt. Es kann daher nicht schaden, sich an das Prüfungsamt zu wenden und dieses auf die Bedenken hinzuweisen. Das Prüfungsamt soll dann erklären, wieso und auf welcher Rechtsgrundlage eine Kameraaufnahme erforderlich ist und wem die Daten übertragen werden, ob die Daten gespeichert werden etc. Werden die Bedenken begründet, ist dies sicherlich hilfreich bei der Bewertung der Erforderlichkeit, aber auch im Rahmen einer Abwägung, sofern das Prüfungsamt das berechtigte Interesse heranziehen würde.

  • Ich bin generell ein Befürworter von Videoüberwachungen. Viele Straftaten blieben ohne Videoüberwachung unaufgekärt.

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