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Datenschutzbeauftragter: Kündigungsschutz für Stellvertreter

Datenschutzbeauftragter: Kündigungsschutz für Stellvertreter

Für den Datenschutzbeauftragen besteht ein besonderer Kündigungsschutz, da nicht auszuschließen ist, dass dessen Tätigkeit gelegentlich zu Meinungsverschiedenheiten z.B. mit der Geschäftsleitung führt. Der besondere Kündigungsschutz besteht nicht nur während der Bestellung, sondern wirkt für ein weiteres Arbeitsjahr nach. Aber: Gilt das auch für stellvertretende Datenschutzbeauftragte?

ArbG Hamburg bejaht besonderen Kündigungsschutz

Mit dieser Frage hatte sich das Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 13.04.2016, 27 Ca 486/15) zu befassen und bejahte in einem aktuellen Urteil einen besonderen Kündigungsschutz für stellvertretende betriebliche Datenschutzbeauftragte.

In dem vorliegenden Fall war einem Arbeitnehmer gekündigt worden, da seine Aufgaben als Referent Risikomanagement intern umverteilt und seine Position dadurch entfallen war. Der Arbeitnehmer und spätere Kläger war der Meinung, dass die Kündigung unberechtigt gewesen sei, da er anderweitig im Unternehmen eingesetzt werden könne.

Seine Kündigungsschutzklage stützte er allerdings auch auf den besonderen Kündigungsschutz nach § 4 f Abs. 3 BDSG. Wegen eines längerfristigen Ausfalls der eigentlich bestellten internen betrieblichen Datenschutzbeauftragten, war der Kläger mit seinem Einverständnis vom Arbeitgeber für ein halbes Jahr zum Stellvertreter bestellt worden und hatte die Tätigkeit während der Abwesenheit der Datenschutzbeauftragten auch ausgeübt. Zwischen der Vertretung und der Kündigung lag weniger als ein Jahr.

Stellvertreter ist kein „Datenschutzbeauftragter 2. Klasse“

Da die einjährige Kündigungsschutzfrist nach § 4f Abs. 3 BDSG noch nicht abgelaufen war, erklärte das Arbeitsgericht Hamburg die Kündigung für unwirksam und sprach damit dem Kläger den besonderen Kündigungsschutz zu.

Zwar sei es so, dass die Position eines stellvertretenden betrieblichen Datenschutzbeauftragten gesetzlich nicht geregelt sei und auch keine Verpflichtung bestehe, einen Stellvertreter zu bestellen. Wenn jedoch ein Stellvertreter bestellt werde und dieser die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten auch tatsächlich ausgeübt habe, dann muss auch ein stellvertretender Datenschutzbeauftragter einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Ein Stellvertreter sei kein „Datenschutzbeauftragter 2. Klasse“, so das Arbeitsgericht Hamburg. Aus den Entscheidungsgründen:

„Wird jedenfalls ein stellvertretender Datenschutzbeauftragter bestellt und nimmt dieser im Verhinderungsfall die Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten iSd § 4f Abs. 1 BDSG wahr, bedeutet dies, dass ebenfalls die Schutzvorschriften nach § 4f Abs. 3 BDSG einschlägig sind […].“

Weiter heißt es in dem Urteil:

„Ist die Stelle nach § 4f Abs. 1 BDSG zur Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz verpflichtet, ist die Rechtsstellung auch auf den Stellvertreter zu übertragen, soweit der Vertretungsfall eingetreten ist. Auch wenn der Stellvertreter freiwillig bestellt wurde und grundsätzlich kein Kündigungsschutz besteht, gilt dies für den Vertretungsfall nicht. Der Vertreter, der vollumfänglich die Aufgaben des Vertretenen wahrnimmt, ist kein Datenschutzbeauftragter „2. Klasse“. Vielmehr bedarf er im Vertretungsfall des Schutzes vor etwaigen Nachteilen aufgrund seiner Amtsführung.“

Schutz durch „Abkühlungsphase“

Zur weiteren Begründung zog das Arbeitsgericht Hamburg eine Parallele zu einem stellvertretenden Betriebsrat. Ein besonderer Kündigungsschutz sei zwar für beide Funktionen nicht gesetzlich geregelt; für einen stellvertretenden Betriebsrat aber im Vertretungsfall anerkannt. Gleiches müsse dann auch für den stellvertretenden Datenschutzbeauftragten gelten, wenn er eine Vertretung ausübe. Auch dieser müsse durch eine „Abkühlungsphase“ vor einer Kündigung des Arbeitgebers aus Verärgerung über die Amtsführung geschützt werden:

„Bei einem Ersatzmitglied des Betriebsrats reicht es nicht aus, dass ein Vertretungsfall eingetreten ist, um einen nachwirkenden Kündigungsschutz zu erlangen. Vielmehr muss das Ersatzmitglied auch konkrete Betriebsratsaufgaben tatsächlich wahrgenommen haben […].

Entsprechendes gilt auch für den Beauftragten für Datenschutz. Auch für diesen ist im Gesetz nach Ende der Amtszeit eine „Abkühlungsphase“ vorgesehen, während derer sich eine mögliche Verärgerung des Arbeitgebers über die Amtsführung legen soll. Dies rechtfertigt es, eine solche „Abkühlungsphase“ nur dann anzunehmen, wenn eine Amtstätigkeit erfolgt ist, aufgrund derer überhaupt eine negative Reaktion des Arbeitgebers in Betracht kommen kann.“

Bestellung eines Stellvertreters sorgfältig prüfen

Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht, dass auch für den Fall eines kurzfristigen und längeren Ausfalls des internen betrieblichen Datenschutzbeauftragten nicht vorschnell eine Entscheidung über eine Stellvertretung erfolgen sollte. Im Fall eines längerfristigen Ausfalls des Datenschutzbeauftragten muss zwar zeitnah eine Vertretung organisiert werden, da keine „kontrollfreie Situation“ entstehen soll. So führen die Richter in der o.g. Entscheidung aus:

 “ […] (es) besteht gleichwohl ein Bedürfnis, eine kontrollfreie Situation zu vermeiden, wenn der Beauftragte für den Datenschutz an einer Amtsausübung gehindert ist.“

Eine Stellvertretungsregelung sollte allerdings bereits im Vorfeld getroffen und bei der Auswahl des Stellvertreters berücksichtigt werden, dass im Vertretungsfall ein nachwirkender Kündigungsschutz von einem Jahr besteht. Falls doch kurzfristiger Handlungsbedarf besteht und die dargestellte Problematik vermieden werden soll, kann alternativ ein externer Datenschutzbeauftragter eine angemessene Vertretung gewährleisten.

Update: Das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 812/16) hat in letzter Instanz die Revision gegen das hier vorgestellte Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg zurückgewiesen.

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