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Cybermobbing: Digitale Welt ohne Datenschutz?

Cybermobbing: Digitale Welt ohne Datenschutz?

Mobbing goes digital, denn auch Mobber gehen mit der Zeit. Wie eine aktuelle Studie zeigt, nimmt Mobbing per WhatsApp, TikTok, YouTube und Co. zu. Zurück bleiben psychisch beeinträchtigte junge Menschen, überforderte Eltern sowie eine heranwachsende Generation von Internetnutzern, die gelernt hat, fremde Daten missbräuchlich zu verwenden.

Was ist Cybermobbing?

Jeder kennt Mobbing. Gemobbt zu werden heißt, systematisch über einen längeren Zeitraum Ausgrenzung oder Diskriminierung erfahren zu müssen. Was früher klassisch auf dem Schulhof geschah, funktioniert heute digital – mittels Smartphone, Messenger-Diensten und Social Media. Rund um die Uhr. Der Hass kennt keine Grenzen.

Cybermobbing ist das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe von Internet- und Mobiltelefondiensten über einen längeren Zeitraum hinweg. Das Verbreiten von Online-Gerüchten, das Teilen von Fotos, ohne den Betroffenen um Erlaubnis gebeten zu haben, das öffentliche Runtermachen im Klassenchat: Die Methoden sind vielfältig, jedoch allesamt digitaler Natur. Den Mobbern aus dem Weg zu gehen, gestaltet sich schwierig, denn das Online-Leben gehört heutzutage einfach dazu.

Unser virtuelles Leben bewegt sich damit im Spannungsfeld zwischen Faszination und Gefahr. Das erkannte auch das Bündnis gegen Cybermobbing, das in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse kürzlich eine derartig betitelte Studie zu Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern veröffentlichte. Darin ausgewertet wurden die Erfahrungen von über eintausend Eltern, knapp 400 Lehrkräften sowie über 4.400 Schülerinnen und Schülern. Die Ergebnisse sind – im Vergleich zu denen der Vorgängerstudie 2017 – entmutigend: Cybermobbing ist ein wachsendes Problem (plus 36 % Anstieg), dem überfragte Eltern und unvorbereitete Lehrer nicht viel entgegenzusetzen haben. Ein Ende? Nicht in Sicht.

Fast 2 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland betroffen

Die befragten Schülerinnen und Schüler verbringen laut eigenen Angaben durchschnittlich an Schultagen drei Stunden bzw. am Wochenende sechs Stunden im Internet. Da sie ihre Zeit zu einem wesentlichen Teil online verbringen, verwundert es nicht auch digitale Gewalt und Mobbing dort vorzufinden.

Während 12 % der Eltern angeben, ihre Kinder seien bereits von Cybermobbing betroffen gewesen, bestätigen 17,3 % der Schülerinnen und Schüler in Deutschland online gemobbt zu werden (2017: 12,7 %, das heißt, ein Anstieg um ein Drittel auf nun fast zwei Millionen!). Die Zahlen beweisen, dass viele Eltern vom Leid ihrer Kinder keine Ahnung haben. Die Dunkelziffer der Cybergemobbten dürfte weitaus höher liegen. Interessant: 5 % der befragten Lehrkräfte waren bereits selbst Cybermobbingopfer an der eigenen Schule. Wenn nicht einmal Lehrer sicher sind, wie dann die Kinder?

Digitales Mobbing betrifft vor allem Haupt- und Realschüler, doch selbst an der Grundschule kommt es mittlerweile zu Cybermobbing. In Zeiten, in denen selbst die Jüngsten am Smartphone hängen, überrascht das nicht. Das Gros der Digitalmobbingfälle tritt im Alter von dreizehn Jahren auf. Gemobbt wird, „weil es cool ist“ (12 %), „weil derjenige es verdient hat“ (45 %), zum Spaß (27 %), aus Langeweile (18 %) oder einfach, „weil andere das auch machen“ (16 %). 13 % der Befragten outeten sich als Mobber, jeder Dritte davon war selbst schon Opfer.

Die Mobbing-Folgen sind fatal: Beinahe ein Viertel der Opfer hatte bereits Suizidgedanken. Das sind über 450.000 Kinder und Jugendliche. Erschreckend. Ein Fünftel nahm bereits Alkohol oder Tabletten aus Verzweiflung zu sich. Angst und Wut stehen an der Tagesordnung.

Was hat das mit Datenschutz zu tun?

Zwischen Cybermobbing und Datenschutz gibt es Schnittpunkte, die auf den ersten Blick nicht ganz erkennbar sind. Klar, beides spielt sich heutzutage digital ab. Und ja, es sind personenbezogene Daten (Fotos, Angaben zur Person, etc.) betroffen. Damit hat es sich aber noch nicht, versprochen.

Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG gilt für jedermann, also auch für jeden einzelnen Gemobbten. Sie haben das Recht, selbst zu bestimmen, wie ihre Daten und Bilder verwendet werden sollen. Sie haben auch das Recht, soziale Medien wie TikTok oder Instagram und Messenger nach Belieben zu nutzen. Was ihnen Cybermobbing nimmt, ist die Freiheit. Für viele Schülerinnen und Schüler ist die digitale Welt zu einer Art Ersatzwelt geworden, in die sie flüchten, posten, Likes bekommen. Schlägt ihnen dort Hass entgegen, ziehen sie sich auch aus dieser Welt zurück. Aus dem Schneckenhaus kommt manch einer nie mehr hervor.

Was Hänschen nicht lernt, …

… lernt Hans nimmermehr. Der Cybermobber von heute ist der Datensammler von morgen: Wer von Kindesbeinen an mit den personenbezogenen Daten anderer machen kann, was er will, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, wird dies auch später ausprobieren. Daten unabsichtlich unzulässig zu verarbeiten ist das Eine. Datenmissbrauch ist schon noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Diesen Schritt sind Cybermobber jedoch bereits gegangen. Wer weiß, ob sie vor weiteren zurückschrecken?

Cybermobber treffen alltäglich falsche Entscheidungen beim Umgang mit Internet oder sozialen Medien. Mit zunehmenden Alter könnte sich das legen. Die Unwissenheit vieler unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Sachen Datenschutz beweist das Gegenteil.

Eltern sind in der Pflicht

Häufig schaffen es Eltern nicht, den Kindern den Schutz der eigenen Daten nahe zu bringen. Oft interessiert es sie aber auch einfach nicht, weil ihnen selbst digitales Know-how und Datenschutzbewusstsein fehlen. Zu diesem Bewusstsein gehört jedoch nicht nur die Vorsicht hinsichtlich eigener Daten, sondern auch die Achtung vor den Daten Fremder.

Cybermobbende Kinder wissen nicht, was sie tun. Hier bräuchte es aufmerksame Eltern, die einschreiten, bevor es zu Mobbing kommt. Noch immer werden Kinder und Jugendliche im Netz alleine gelassen. Nur lediglich 47 % der in der Studie befragten Eltern kontrollieren ihre Kinder bei der Internetnutzung. Bei den Sechs- bis Zehnjährigen sind fast die Hälfte ohne Aufsicht online. Um den Umgang mit eigenen und fremden Daten im Internet zu lernen, braucht es Kontakt zur digitalen Welt – aber doch dann bitte mit Samthandschuhen!

Sind die Schulen mit Ihrem Latein am Ende?

Es scheint so. Noch immer mangelt es an schulischen Beratungsangeboten und Unterstützung, viele Lehrkräfte wissen sich digital nicht zu helfen. Cybermobbing ist ein Tabu, das nicht so ganz zur gerne präsentierten heilen Welt in sozialen Medien (und Schulen!) passt. Die Opfer werden durch Cybermobbing zum Schweigen gebracht. Leider kann ich mir nicht vorstellen, wie Lehrerinnen und Lehrer, Eltern oder auch die Online-Dienste selbst diese Abwärtsspirale in Zeiten alltäglicher Gewalt und anonym ausgelebten Hasses noch aufhalten wollen.

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