Welches Schicksal die Mitgliederkonten in sozialen Netzwerken mit dem Tod ihres Inhabers nehmen, wurde in den vergangenen Jahren unter Fachleuten heiß diskutiert. Zwischenzeitlich befassen sich immer mehr Gerichte mit dieser Frage. In einer jüngst bekannt gewordenen Entscheidung urteilte das Landgericht Berlin (LG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2015, Az. 20 O 172/15), dass der Nutzungsvertrag über einen Facebook-Account nach dem Tod des Kontoinhabers auf dessen Erben übergeht.
Der Inhalt im Überblick
Facebook-Konto zunächst in Gedenkzustand versetzt
Geklagt hatte in dem zu entscheidenden Fall die Mutter einer im Alter von 15 Jahren unter ungeklärten Umständen verstorbenen Facebook-Nutzerin. Das Facebook-Konto des Mädchens war vom Plattformbetreiber in den sog. Gedenkzustand versetzt worden, nachdem ihn Freunde der Verstorbenen über ihren Tod informiert hatten.
Dabei wurde das Benutzerkonto der Verstorbenen gesperrt, auch unter Eingabe der korrekten Zugangsdaten konnte auf das Konto nicht mehr zugegriffen werden. Bei einem im Gedenkzustand befindlichen Konto haben lediglich die bei Facebook gelisteten Freunde des Verstorbenen noch die Möglichkeit, das Konto zu sichten und Beiträge zu posten. Veränderungen können an dem Konto darüber hinaus nicht mehr vorgenommen, private Daten nicht mehr eingesehen, verändert oder gelöscht werden.
Erben wollen auf Konto zugreifen
Das ist nicht immer im Sinne der Erben. So auch im vorliegenden Fall. Hier hofften die Eltern, in den von ihrer Tochter hinterlegten Inhalten einen Hinweis auf die Todesursache, insbesondere auf einen möglichen Suizid zu finden. Die Mutter des Mädchens entschied daher, den Zugang zum Facebook-Konto ihrer Tochter gerichtlich durchzusetzen. Der Betreiber der Plattform wandte dagegen ein, dass ein Facebook-Konto nicht vererblich sei und den Erben daher kein Zugang zum Nutzerkonto eines Verstorbenen eingeräumt werden könne.
Gericht urteilt: Facebook-Konto ist vererblich
Dieser Sichtweise ist das Landgericht nicht gefolgt. Es hat vielmehr angenommen, dass der mit dem Betreiber eines sozialen Netzwerks abgeschlossene Nutzervertrag nach dem Tod des Erblassers auf die Erben übergeht. Damit ist nach Auffassung des Gerichts auch der digitale Nachlass vererblich.
Entscheidung zu begrüßen
Diese Entscheidung ist Anbetracht der mitunter erheblichen Schwierigkeiten, die die Abwicklung eines digitalen Nachlasses für die Erben mit sich bringt, zu begrüßen. Als Erben haben die Angehörigen eines Verstorbenen Anspruch auf Einräumung eines Zugangs zu dessen Mitgliedskonto in einem sozialen Netzwerk. Das Konto einzusehen und die Daten des Verstorbenen zu löschen, ist für sie damit erheblich einfacher.
Facebook-Konto kein höchstpersönliches Gut
Auch wenn der Betreiber der Plattform unter Berufung auf seine Nutzungsbedingungen etwas anderes behaupten mag: Mit der Einsicht in das Nutzerkonto in einem sozialen Netzwerk durch die Erben handelt es sich nicht um einen Einrgiff in den höchstpersönlichen Bereich des Verstorbenen, sein postmortales Persönlichkeitsrecht wird dadurch nicht verletzt.
Ein in den Gedenkzustand versetztes Nutzerkonto kann von den Angehörigen des Verstorbenen nicht vollständig eingesehen und verändert werden. Ihr Bedürfnis nach Einsicht und Löschung der Daten des Verstorbenen können damit nicht in ausreichendem Maße befriedigt werden. Das erfolgt nur, wenn aus den Angehörigen auch Erben werden.
Umgang mit Nutzerkonten von Volljährigen ungewiss
Vorliegend hat das Landgericht Berlin über den Umgang mit dem Nutzerkonto einer minderjährigen Toten entschieden. Dass die – zu Lebzeiten sorgeberechtigten – Eltern in diesem Fall nach deren Tod auch Zugang zu ihrem Nutzerkonto erhalten sollten, ist nachvollziehbar. Nicht geäußert hat sich das Gericht zu der Frage, wie mit den Nutzerkonten volljähriger Verstorbener umzugehen ist. Eine solche Entscheidung steht bislang noch aus.
Angesichts des im Text ausgeführten Inhalts dieses Urteils sollte bereits der Überschrift zu entnehmen sein, dass es für das Facebook-Konto von Minderjährigen gilt.
Das LG Berlin hat zunächst nur über die Vererblichkeit des Facebook-Kontos einer Minderjährigen geurteilt. Ob die in diesem Urteil entwickelten Grundsätze auch auf die Vererblichkeit des Nutzerkontos eines Erwachsenen angewandt werden, wird die Zukunft zeigen.
Ja, genau – und deshalb sollte schon Ihre Überschrift das deutlich machen.
Derzeit liest man: „Landgericht Berlin: Facebook-Konto ist vererblich“, und das klingt so, als sei vom LG Berlin entschieden worden, dass alle Facebook-Konten generell vererblich sind, was gerade nicht der Fall ist.
Das Landgericht hat in seiner Entscheidung nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur Facebook-Konten von Minderjährigen vererblich sind. In seiner Entscheidung hat es den „digitalen Nachlass“ dem „analogen Nachlass“ gleichgestellt. Dass dies ausdrücklich nur bei minderjährigen Verstorbenen gelten soll, hat das Gericht dabei nicht entschieden.
Die von uns gewählte Überschrift ist daher nicht falsch. Dass möglicherweise zukünftig Gerichte die Frage der Vererblichkeit von Facebook-Konten volljähriger Nutzer anders entscheiden könnten, haben wir in der letzten Zwischenüberschrift vermerkt.