Dass es am Rande von Fußballspielen immer wieder zu Ausschreitungen kommt, ist leider traurige Realität. Die Polizeibehörden haben Datenbanken eingerichtet, in denen sie die Daten der nach ihrer Einschätzung gewaltbereiten Fußballfans abspeichern. Die Einrichtung einer dieser Datenbanken, der niedersächsischen „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte„, wurde nun vom Verwaltungsgericht Hannover als grundsätzlich zulässig erachtet.
Der Inhalt im Überblick
- Problem: Fan-Ausschreitungen bei Fußballspielen
- Polizei führt Datenbanken mit Fandaten
- Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover
- Ziel: Verhinderung weiterer Straftaten
- Kritik: Personenkreis nicht genau bestimmt und Speicherfristen zu lang
- VG Hannover: „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“ ist zulässig
- Berufung zugelassen
Problem: Fan-Ausschreitungen bei Fußballspielen
Große Sportereignisse ziehen viele Zuschauer an, das gilt insbesondere für Fußballspiele. Dass es am Rande dieser Sportereignisse auch immer wieder zu Ausschreitungen kommt, ist bekannt. Um derartigen Vorkommnissen vorbeugen zu können, speichert die Polizei Daten von Personen, die sie der sogenannten Problemfanszene zurechnet. Ihr gehören laut Polizei Fußballfans an, die in der Vergangenheit bereits durch ihr gewaltbereites Verhalten aufgefallen sind und von denen die Behörden daher auch zukünftig Ausschreitungen erwarten.
Polizei führt Datenbanken mit Fandaten
Von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze mit Sitz in Duisburg wird die bundesweite Datei „Gewalttäter Sport“ geführt, in einigen Bundesländern betreiben die Polizeibehörden eigene Datenbanken ähnlichen Inhalts.
Das Land Niedersachsen zum Beispiel registriert sogenannte Problemfans in der polizeilichen „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“. Erfasst werden dort neben dem Namen und der Anschrift des Fußballfans auch andere Daten wie z.B. Erkenntnisse zu gegen ihn geführten gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen oder strafprozessualen Ermittlungsverfahren. Hat der Fan bereits einen Platzverweis aus dem Stadion erhalten oder wurde in der Vergangenheit im Zusammenhang mit einem Fußballspiel wegen Körperverletzung gegen ihn ermittelt, kann die Polizei dies in der „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“ nachlesen.
Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover
Gegen die Speicherung ihrer Daten in der „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“ klagte nun ein weiblicher Anhänger der Fußballmannschaft „Hannover 96“. Nur teilweise zu Recht, wie das Verwaltungsgericht Hannover am 26. März 2015 (Az. 10 A 9932/14) erkannte.
Ziel: Verhinderung weiterer Straftaten
Ziel der Datenspeicherung ist die Registrierung der nach Einschätzung der Behörden gewaltbereiten Fußballfans, um zur Verhinderung von Straftaten möglichst frühzeitig Maßnahmen der Gefahrenabwehr gegen diese Personen einleiten zu können. In der Datenbank registrierten Personen kann z.B. der Zutritt zu einem Fußballstadion verwehrt oder die Ausreise zu einem Auslandsspiel ihres Vereins untersagt werden.
Kritik: Personenkreis nicht genau bestimmt und Speicherfristen zu lang
Unumstritten ist die Datenspeicherung nicht. Die „Fanhilfe Hannover“ kritisiert auf ihrer Homepage, dass neben Adressen und Namen auch zahlreiche private Daten zum sozialen Umfeld, zu Wohn- und Aufenthaltsorten, Vereins- bzw. Fanclubmitgliedschaften und dortigen Funktionen oder Körpermerkmalen gespeichert werden. Eingetragen werden könne jede Person, die den sogenannten szenekundigen Beamten als wichtig erscheine, also auch reine Kontakt- und Begleitpersonen. Irrelevant sei dabei, ob die jeweilige Person zuvor bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Auch seien die Speicherfristen mit bis zu zehn Jahren zu lang.
VG Hannover: „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“ ist zulässig
Im vorliegenden Verfahren hielten die Richter die Einrichtung der „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“ und die Speicherung der personenbezogenen Daten der Fußballfans für grundsätzlich nach den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) zulässig. Zum Zweck der Gefahrenabwehr dürfe die Polizei personenbezogene Daten speichern. Sofern der Verdacht bestehe, dass der Betroffene auch zukünftig vergleichbare Straftaten begehen werde, gelte dies auch für die im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erhobenen personenbezogenen Daten des Betroffenen.
Diese Voraussetzungen seien bei lediglich drei der von der Klägerin angeführten Einträge nicht erfüllt gewesen, weshalb das Gericht der Klage in diesen Punkten stattgab. In den übrigen von der Klägerin angeführten Punkten wies das Gericht die Klage ab.
Berufung zugelassen
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Zulässigkeit einer Speicherung von Fandaten in der „Arbeitsdatei Szenekundige Beamte“ hat das Gericht die Berufung zugelassen. Wie der Anwalt der Klägerin bereits ankündigte, werde seine Mandantin von dieser Möglichkeit wohl Gebrauch machen.