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Keine anlassunabhängige Videoüberwachung bei Demonstrationen

Keine anlassunabhängige Videoüberwachung bei Demonstrationen

Dass die Polizei datenschutzrechtlich häufig ihre ganz eigenen Regeln macht, ist bereits bekannt. Dies gilt sowohl im Bereich der Komplettüberwachung eigener Mitarbeiter, als auch bei der Speicherung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, ohne dass für diese so genannte Verbunddatei eine Rechtsgrundlage bestand.

Und auch hinsichtlich der Videoüberwachung wurden bereits des Öfteren Bedenken angezeigt, ob die Videoüberwachung tatsächlich Sicherheitslücken schließen kann. Die Polizei rechtfertigte ihr Handeln stets mit der Notwendigkeit wegen Gefahrenabwehr – oder zumindest mit der Strafverfolgung.

Diesem Vorgehen hat das Verwaltungsgericht Berlin (VG) nun aber einen Riegel vorgeschoben. Mit Urteil vom 05.07.2010 erklärte es, dass

„die Beobachtung einer Versammlung durch die Polizei mittels Kameras und die Übertragung der Bilder in die Einsatzleitstelle ohne die Einwilligung der Versammlungsteilnehmer auch dann einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) dar stellt, wenn keine Speicherung der Bilder erfolgt.“

Die Polizei hatte eine Versammlung mittels Videoüberwachung beobachtet und die Bilder im so genannten „Kamera-Monitor-Verfahren“ in Echtzeit in die Einsatzleitstelle übermittelt, ohne die Bilder dort zu speichern. Grund hierfür sei nach Angaben des Polizeipräsidenten die Möglichkeit gewesen, gegebenenfalls „verkehrslenkende Maßnahmen“ vornehmen zu können.

Das VG stellte allerdings klar, dass

„der einzelne Teilnehmer bei einer Beobachtung der Versammlung damit rechnen müsse, aufgezeichnet und registriert zu werden. Dies könne ihn vom Begleiten einer entsprechenden Veranstaltung abschrecken oder zu ungewollten Verhaltensweisen zwingen, um den beobachtenden Polizeibeamten möglicherweise gerecht zu werden. Durch diese Einschüchterung könnte mittelbar auf den Prozess der Meinungsbildung und demokratischen Auseinandersetzung eingewirkt werden.“

Nach dem Berliner Versammlungsgesetz sind allerdings Bild- oder Tonaufnahmen durch die Polizei nur dann erlaubt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von Teilnehmern öffentlicher Versammlungen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Eine dafür erforderliche Gefahrenprognose war allerdings im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Doch wen wundert es: der Polizeipräsident Dieter Glietsch nimmt das Urteil nicht an, sondern will auch künftig friedliche Demonstrationen filmen lassen. Aber auch für den Fall, dass seine Berufung keinen Erfolg haben sollte, hat der Polizeipräsident laut tagesspiegel.de schon eine Lösung im Visier:

„nämlich das Abgeordnetenhaus auffordern, ein Berliner Versammlungsgesetz zu erlassen, das der Polizei das Filmen von friedlichen Demonstrationen erlaubt.“

Dass anlassunabhängige Videoüberwachung mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, scheint den Polizeipräsidenten dabei nicht wirklich zu stören…

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