Im Urteil vom 23.05.2012 (Az. 1 S 58/11) äußerte sich das Landgericht Heidelberg zum brisanten Thema der Kontaktaufnahme von Konkurrenten über die Internetplattform XING. Dabei ging es u.a. um Abwerbemethoden, die gemäß Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verboten sind. Interessant dürfte diese Entscheidung für alle sein, die Social Media-Plattformen beruflich nutzen.
Der Inhalt im Überblick
Äußerungen per beruflichem XING-Account
In dem Rechtsstreit klagte ein Dienstleistungsunternehmen im IT-Bereich gegen einen Mitarbeiter eines konkurrierenden Unternehmens. Der Beklagte hatte mit seinem beruflichen Profil zwei Mitarbeiter des klägerischen Unternehmens auf ihren ebenfalls beruflichen XING-Accounts angeschrieben. In diesen Nachrichten hieß es u.a.:
„Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen Sie gelandet sind. Ich wünsche Ihnen einfach mal viel Glück. Bei Fragen gebe ich gerne Auskunft.“
Ersatz der Mahnkosten nach UWG
Die Klägerseite hatte den Beklagten bereits außergerichtlich abgemahnt und zur Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung aufgefordert. Da der Beklagte dem nicht nachkam, erhob das Unternehmen Klage auf Unterlassung und Erstattung der Anwaltskosten.
Das Landgericht Heidelberg erklärte in seinem Urteil, dass ein Anspruch auf Unterlassung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 UWG sowie ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten nach § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG bestehe.
„Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.“ (§ 12 Absatz 1 Satz 2 UWG)
Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten
Der Unterlassungsanspruch gemäß § 8 UWG sei laut Gericht gegeben, da in diesem Fall eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne der Vorschrift vorliege.
„Wer seine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.“ (§ 8 Absatz 1 Satz 1 UWG)
Als geschäftlich sei die Handlung einzustufen, da die handelnde Person nicht als Verbraucher im Eigeninteresse gehandelt habe. Bei dem vom Beklagten benutzten Profil hätte es sich nämlich um kein reines Privatprofil gehandelt, sondern einen Bezug zum Arbeitgeber aufgewiesen. Dadurch habe der Beklagte den objektiven Anschein einer unternehmensbezogenen Tätigkeit gesetzt.
Wettbewerbswidrige Herabsetzung und gezielte Behinderung
Die unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 8 UWG läge einerseits in einer wettbewerbswidrigen Herabsetzung gemäß § 3 Absatz 1 i.V.m. § 4 Nr. 7 UWG und andererseits in einer gezielten Behinderung eines Mitbewerbers gemäß § 3 Absatz 1 i.V.m. § 4 Nr. 10 UWG.
Das Landgericht befand die Äußerungen des Beklagten als abwertend und keine sachliche Begründung aufweisend, so dass in diesen eine wettbewerbswidrige Herabsetzung der Klägerin zu sehen sei. Dadurch werde in unverhältnismäßiger Weise in die Interessen des Unternehmens eingegriffen.
Des Weiteren sei der Inhalt der Nachricht als ein Versuch der Abwerbung zu verstehen. Ein solcher sei aber unzulässig, da im vorliegenden Fall unlautere Begleitumstände hinzukämen. Somit läge eine gezielte Behinderung der Klägerin im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG vor.
Rechtliche Bewertung der Social Media-Nutzung
Die Entscheidung des LG Heidelberg ist nun ein Teil der bisher wenig vorhandenen Rechtsprechung, die sich mit der beruflichen Nutzung von Social Media-Plattformen befasst. Die Relevanz solcher Fragestellungen wird in naher Zukunft mit Sicherheit steigen, da immer mehr Arbeitnehmer und Unternehmen die geschäftlichen Möglichkeiten von sozialen Medienanbietern wie XING oder Facebook nutzen. Dabei sind sie aber auch gezwungen, die gesetzlichen Grenzen einzuhalten – und sich ggf. über wettbewerbsrechtliche Fragen zu informieren.